Klaus-Peter Merta
Kurzer Überblick über
die Entwicklungsgeschichte des Auszeichnungswesens
Historische Ursprünge
Ein geordnetes System von tragbaren Auszeichnungen, verbunden mit
Festlegungen über Verleihungen nach Verdienst und Leistung,
ist für die Antike belegt. Staatliche Ordnungen mit differenzierter
Sozialstruktur, wie sie die griechischen Stadtstaaten oder das Römische
Reich verkörperten, ermöglichten einerseits ein offizielles
Auszeichnungssystem und bedurften seiner andererseits. Die gesellschaftlichen
Verhältnisse, ausgedrückt durch politische und wirtschaftliche
Kräftekonstellationen sowie sozial unterschiedlich gestellte
Klassen und Schichten, benötigten zentralisierte und staatlich
gelenkte Institutionen. Als innerer und äußerer Machtfaktor
galt das Heerwesen. Es ist nicht verwunderlich, daß im Altertum
und in der Antike, in denen zahlreiche kriegerische Auseinandersetzungen
um territorialen Gewinn und zur Beschaffung von Arbeitskräften
(Sklaven) geführt wurden, ein Auszeichnungssystem nachzuweisen
ist. Mut, Tapferkeit und somit Leistung und Erfolg waren geforderte
Eigenschaften, die sich messen und belohnen ließen. Strukturen
von Befehl und Befehlsausführung, Gehorsam und Disziplin, Rang
und Standesunterschieden sowie eine aus der kriegerischen Situation
resultierende Aufgabenstellung erforderten einen Anreiz und ständige
Motivation. Die zwei Seiten von Auszeichnungen lassen sich bereits
in dieser Zeit deutlich ablesen: Belohnung und Auszeichnung sowie
Anreiz und Ansporn oder, anders ausgedrückt, Dank und Ehrung
sowie Bindung und Verpflichtung.
Aus der Antike ist auch die Bezeichnung übernommen, die der
historischen Hilfswissenschaft von den tragbaren Auszeichnungen
ihren Namen gab. Die Belohnungen für militärische Verdienste
hießen in Griechenland "ta falara" und in Rom "phalera".
Der Begriff bedeutet Auszeichnung. Unter "phalerae" verstand
man kleine, etwa handgroße Plaketten bzw. Schildchen in Kreis-
oder Halbmondform. Sie bestanden aus Edelmetall oder Erz und Bronze,
häufig mit Gold- oder Silberauflage versehen. Bei den Griechen
befanden sie sich hauptsächlich am Riemen und Zaumzeug der
Pferde. Aber auch das Anbringen am Brustpanzer kam vor. Neben diesen
anzulegenden Symbolen hatte auch die Vergabe von besonderen Lanzen,
von Schalen oder Geldgeschenken Auszeichnungscharakter.
Ausgeprägter und vielschichtiger gestaltete sich das Auszeichnungswesen
der Römer. Phaleren mit Bildnissen von Mars, Jupiter und Minerva
oder mit Tiermotiven und Darstellungen von Fabelwesen wurden auf
dem Brustpanzer verteilt angebracht. Es handelte sich dabei um Belohnungen
für Tapferkeit im Kampf. Neben dieser Art von Medaillen bestanden
noch weitere Auszeichnungen, die als Ausdruck einer Rangordnung
innerhalb des Auszeichnungswesens (dona militaria) anzusehen sind.
Unabhängig vom Verdienst oder der Leistung erhielten höhere
Ranggruppen andere Auszeichnungen als niedere. Phaleren standen
allerdings allen Gruppen zu. Grundvoraussetzung zur Vergabe war
nicht das Verdienst oder die Leistung schlechthin, sondern das römische
Bürgerrecht mußte vorliegen, das ebenfalls eine Auszeichnung
darstellte. Die Liste der Auszeichnungen war für damalige Verhältnisse
recht umfangreich, und entsprechend differenziert wurde die Vergabe
gehandhabt. So gab es Armreifen aus Metall (armillae) für Tapferkeit,
Kränze und Kronen (coronae), zum Beispiel die "corona
civica" für die Rettung eines Bürgers aus Lebensgefahr,
oder Metall-Lanzen (hasta pura) als Tapferkeitsauszeichnung für
niedere Ranggruppen. Als höchste Form der Auszeichnung galt
der Triumphzug, der Heerführern und später ausschließlich
Kaisern vorbehalten blieb. In ihm wurden die von allen Teilnehmern
erworbenen Auszeichnungen sowie die Beute an Waffen, Wertgegenständen
und Gefangenen mitgeführt und somit öffentlich zur Schau
gestellt. Aus einem abgestuften System von Auszeichnungen ergibt
sich die Verbindung der Begriffe Ehre - Verdienst - Tapferkeit.
Bis zur Gegenwart liegen sie dem Auszeichnungswesen zugrunde. Bei
den Griechen und Römern liegt historisch gesehen auch der Beginn
für ein geordnetes, staatliches Auszeichnungswesen. Das heutige
mit seiner Einteilung nach Orden und Ehrenzeichen basiert jedoch
nicht auf dem der Antike, sondern hat seine Wurzeln im frühen
Mittelalter.