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Der
landesherrlich-regierte Staat absolutistischer Prägung
brachte eine Vielzahl von Verwaltungs- und Finanzbehörden
sowie als wichtige Machtstütze das stehende Heer hervor.
Diese Einrichtungen und Institutionen waren zentral zu organisieren
und zu koordinieren. Ein verläßlich arbeitender Beamtenapparat
und eine treu ergebene Beamtenschaft bildeten dafür eine
unabdingbare Voraussetzung. Die Aufgaben übernahm eine
Art Dienstadel, aber auch fachlich versierte Vertreter des Bürgertums
wirkten in verstärktem Maße in Ämtern und Behörden.
Ein auf die Mitglieder des regierenden Hauses und auf eine Auswahl
des Adels in seinen Zielstellungen beschränktes Ordenswesen
mit elitärem Charakter, wie es die Personengemeinschaften
weltlicher Ritterorden darstellen, schloß weite Teile
der Bevölkerung, die im Sinne des Staates arbeiteten und
dem Landesherrn ergeben waren, vom Auszeichnungswesen aus. Das
Entstehen von Verdienstorden drückt deutlich einen Wandel
von Charakter und Inhalten im Ordenswesen aus. Bisher handelte
es sich um Gemeinschaften mit eng gefaßter und an den
Stifter gebundener Aufgabenstellung, in die Personen eines begrenzten
Kreises aufgenommen wurden. Dagegen sind die neuen Orden Mittel
und Instrument zur Würdigung und Belohnung geleisteter
und meßbarer Verdienste. Die Auszeichnung erfolgt nicht
mehr durch Aufnahme in eine Gemeinschaft, sondern ausschließlich'
durch die Verleihung, das heißt durch die Übergabe
eines Ordens als sichtbar zu tragendes Zeichen. Die Insignie
ist nicht mehr äußeres Zeichen für die Zugehörigkeit
zu einem Orden, sondern der Orden, das verliehene Stück,
ist als Gegenstand selbst die Auszeichnung. Der Begriff "Orden"
steht ursprünglich für eine Institution. Nun wird
man jedoch nicht mehr in einen Orden aufgenommen, sondern mit
einem Orden beliehen, dieser wird verliehen. Als Belohnung und
als Auszeichnung wurde Personen der Orden vom Landesherrn bzw.
in dessen Auftrag auf Lebenszeit geliehen. Nach dem Tode des
Beliehenen waren die Insignien durch die Erben oder Nachkommen
an den Stifter bzw. an beauftragte Organe zurückzugeben.
Auf die Orden vieler Länder trifft die Rückgabepflicht
auch heute noch zu.
War
die Aufnahme in historische Ritterorden als landesherrliche
Gunsterweisung zu verstehen und mit einem besonderen Treueverhältnis
zum Verleiher verbunden, so stellen Verdienstorden ein landesherrliches
Instrumentarium der Belohnung dar. Verbunden wurde das häufig
mit der Vergabe von Ämtern und Würden. Die Inhalte
und Zielstellungen der Verdienstorden erweiterten den Personenkreis,
der für Verleihungen in Frage kam. Um Verdienste in unterschiedlichsten
Bereichen und Dienststellungen belohnen zu können, machte
sich eine Differenzierung dieser Auszeichnungen nach Leistungen
und Ranggruppen erforderlich. Ein Öffnen der Orden für
mehr Mitglieder bzw. für mehr Verleihungen hatte eine
Einteilung in Klassen zur Folge. Diese knüpfte an die
Einteilung mittelalterlicher Orden an. Die Differenzierung
in die Klassen Großkreuz, Kommandeurkreuz (Komtur) und
Ritterkreuz entsprach der Sozialstruktur des 18. Jahrhunderts
und dem Moral- und Ehrverständnis der Zeit.
Inhalte,
Zielstellungen und Verleihungsmodalitäten der Zivil-
und Militär-Verdienstorden befanden sich mit der historischen
Entwicklung der Gesellschaft im 18. und 19. Jahrhundert im
Einklang. Diese Orden entstanden in allen Ländern und
unterlagen einem Entwicklungsprozeß. Zuerst waren sie
für die Kreise des Adels, besonders des Dienstadels,
bestimmt. Im Laufe des 18. und in verstärktem Maße
im 19. Jahrhundert wurden sie auch an Nichtadlige, das heißt
Vertreter des Bürgertums, verliehen. Die Verleihung dieser
Auszeichnungen setzte Adel nicht mehr unabdingbar voraus,
hatte vielmehr häufig die Erhebung in den Adelsstand
zur Folge. Seit dem 19. Jahrhundert trifft das auch auf viele
Hausorden zu. Von den Landesherren wurde dabei differenziert;
so konnte es sich um die Verleihung des persönlichen
Adels handeln (wie bei dem 1815 gestifteten hannöverschen
Guelphen-Orden) oder um die Erhebung in den erblichen Adel
(wie bei dem 1757 gestifteten Militär-Maria-Theresien-Orden).
Zuerst fand diese Verleihungspraxis durch Militär-Verdienstorden
im Heerwesen Verbreitung.
Infolge
absolutistischer Herrschaftspolitik zur Erringung von Einflußgebieten
und zur territorialen Abrundung war das 18. Jahrhundert von
zahlreichen dynastischen Kriegen geprägt. Kein Landesherr
konnte es sich erlauben, Belohnungen für Militär
und Kriegsverdienste lediglich auf die Vertreter des Adels
zu beschränken. Nach der für Österreich siegreichen
Schlacht von Kolin gegen die Preußen wurde durch Kaiserin
Maria Theresia der Militärische MariaTheresien-Orden
gestiftet. Er konnte an Offiziere ohne Unterschied der Geburt
verliehen werden und erhob unadlige Offiziere in den Ritterstand.
Die Auszeichnung basiert auf einer dreiklassigen Einteilung
in Groß-, Kommandeur- und Ritterkreuz. Diese charakterisierte
auch bereits den als Urbild militärischer Verdienstorden
zu bezeichnenden, 1693 von dem französischen König
Ludwig XIV. gestifteten Orden des heiligen Ludwig (Abb. 1).
Er ist nach dem Namenspatron des Landes benannt. Die Klassen
entsprachen den militärischen Ranggruppen General, Stabs-
und Subalternoffizier. Die Verleihungsbedingungen waren für
jede Klasse auf bestimmte Verdienste zugeschnitten, die nur
von Vertretern der entsprechenden Ranggruppe erfüllt
werden konnten. So wurden Großkreuze für den Sieg
in einer Schlacht, das Verteidigen oder Erobern einer Festung
oder das erfolgreiche Beenden eines Feldzuges verliehen. Das
konnte nur von einem Armeebefehlshaber oder einem Kommandeur
- einem Marschall oder General - erfüllt werden. Der
Orden des heiligen Ludwig durfte einzig Angehörigen der
katholischen Konfession gewährt werden. König Ludwig
XV. von Frankreich stiftete im Siebenjährigen Krieg dann
den Militär-Verdienstorden, der an Offiziere protestantischen
Glaubens verliehen werden konnte (Abb. 2).
Im
zivilen Bereich standen die Ordensklassen im Einklang mit
dem staatlichen Aufbau, dem Stellenwert von Verwaltungsbehörden
sowie dem Rang von Posten und Funktionen. Hohe Hof- und Staatsbeamte,
wie zum Beispiel Minister, erhielten Großkreuze. Die
Ermöglichung der Ordensverleihung an bürgerliche
Kräfte entsprach den gesellschaftlichen Strukturen an
der Wende des 18. zum 19. Jahrhundert. Das Bürgertum
gewann an Bedeutung und Einfluß, und seine Vertreter
wurden im Staats und Militärapparat benötigt. Zivil-
und Militär-Verdienstorden des 18. Jahrhunderts zeichnen
sich durch eine Art Übergangscharakter innerhalb der
Entwicklungsgeschichte des Auszeichnungswesens aus. Das Neue
bestand darin, daß eine Verleihung nicht mehr die Zugehörigkeit
zum Adel voraussetzte. Mit der an die Verleihung gekoppelten
Erhebung in den Adelsstand andererseits blieben Inhalte und
Verleihungsmodalitäten dieser Orden dem absolutistischen
System verhaftet. Bauern und Handwerker, Soldaten und Unteroffiziere
konnten keine Orden erhalten. Aus damaliger Sicht galten die
Verdienstorden als modern, was auch der Gedankenwelt des aufgeklärten
Absolutismus entsprach. Im 19. Jahrhundert wurden zunehmend
Orden für Wissenschaft und Kunst, humanitäre Verdienste
und auch speziell für Frauen gestiftet (Abb. 3,
4, 5).
In
der künstlerischen Gestaltung und ihrer handwerklichen
Ausführung nach stehen diese Orden keineswegs hinter
den Hausorden zurück.
Zu
den bedeutenden Militär-Verdienstorden zählen unter
anderen:
-Orden
des heiligen Ludwig, gestiftet 1693 durch Ludwig XIV., König
von Frankreich (Abb. 1)
-Orden Pour le Merite, geschaffen 1740 durch Friedrich II.,
König in (von) Preußen (Abb. 6)
-Militärischer Maria-Theresien-Orden, gestiftet 1757
durch Kaiserin Maria Theresia
-Militär-Verdienstorden, gestiftet 1759 durch Karl Eugen,
Herzog von Württemberg
-St.-Georgs-Orden, gestiftet 1769 durch Katharina II., Zarin
von Rußland
-Wilhelm-Orden, gestiftet 1851 durch Friedrich Wilhelm I.,
Kurfürst von Hessen-Kassel (auch für Zivilverdienste
verliehen) (Abb. 7)
Zu
den bedeutenden Zivil-Verdienstorden zählen unter anderen:
-St.-Annen-Orden,
gestiftet 1735 durch Karl Friedrich, Herzog von Holstein-Gottorp
(seit 1797 russischer Orden durch Übernahme von Paul
I., Zar von Rußland) (Abb. 8)
-Wasa-Orden, gestiftet 1772 durch Gustav III., König
von Schweden
-Orden Isabellas der Katholischen, gestiftet 1815 durch Ferdinand
VII., König von Spanien (Abb. 9)
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