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Die Bundesrepublik
im Kalten Krieg
(von Wolfgang Benz)

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Vorbehalte gegenüber den
Siegermächten
1935          

Ohne die politischen Absichten und Ziele der Sieger des Zweiten Weltkriegs schon zu kennen - denn darüber wurde zunächst mit den Besiegten nicht diskutiert, und informiert wurden sie nur über das unbedingt Nötige - beurteilten die Deutschen nach dem Zusammenbruch des Hitlerstaats die Alliierten ganz verschieden. Gegenüber der Sowjetunion hatte man andere und viel schwerwiegendere Vorbehalte als gegenüber Briten, Franzosen und Amerikanern.

Das Verhältnis zu den Sowjets war durch traditionelle bürgerliche Werturteile und mehr noch durch die Wirkungen der nationalsozialistischen Propaganda vergiftet. Goebbels hatte den Deutschen kulturellen Hochmut gepredigt, sie zu Herrenmenschentum und zum Rassenkrieg gegen Russen, Ukrainer und andere als minderwertig diffamierte slawische Völker angehalten und Haß gegen die kommunistische Ideologie geschürt.

                     

Der Schrecken, den die nach Deutschland vorrückende Rote Armee verbreitete, schien der NS-Propaganda noch recht zu geben, als ihr Apparat schon zerschlagen war. Mit der Niederlage 1945 war die Lebenslüge vieler Deutscher nicht entkräftet, Hitler habe zu Recht einen Kreuzzug gegen den in der Sowjetunion staatlich manifestierten Bolschewismus geführt, um einer vermuteten kriegerischen Aggression der Kommunisten zuvorzukommen.

Diese Version der Rechtfertigung des deutschen Überfalls auf die UdSSR wurde (und wird) von den daran Interessierten genauso aufrechterhalten wie die Schuldzuweisung an die Westalliierten, die im Moment ihres Sieges über Hitler den Fehler begangen hätten, sich nicht mit den Deutschen zu verbünden, um gemeinsam mit diesen den Kampf gegen die Bolschewisten fortzuführen. Das war so grotesk wie naiv, aber als Rechtfertigung für den trotzigen Hochmut unentwegter Hitlergläubiger und unbelehrter Deutschnationaler nach dem Zusammenbruch des NS-Staates brauchbar und beliebt. Sicherlich war die Vorstellung, an einem notwendigen Krieg mitgewirkt zu haben, auch wichtig für viele Soldaten der deutschen Wehrmacht, die einer Rechtfertigung für ihre jahrelange Loyalität bedurften, weil sie sich nicht einfach als Mitwirkende an einem Raub- und Vernichtungskrieg mit unendlichen Leiden nur schuldig fühlen wollten.                          

Wandzeitung der SPD

Für alle möglichen Vorbehalte gegenüber der Sowjetunion und ihren Repräsentanten im besetzten Deutschland gab es jedenfalls reichlich Gründe. In den Westzonen durfte man sie, erst insgeheim, im fortschreitenden Kalten Krieg dann auch allgemein artikulieren. Das unterschied die Einwohner der Ostzone gründlich und je länger desto mehr von denen der Westzonen.

Aber im Westen wie im Osten zeigte man sich anpassungsfähig an die jeweilige Realität und damit auch bereit zur Abgrenzung, wenn das nötig schien. Belege dafür, daß der sowjetisch besetzte Teil Deutschlands abgeschrieben wurde, finden sich bereits ganz früh. Mitte Mai 1945 vertraute Paul Moldenhauer, ehemals bürgerlich-liberaler Abgeordneter und Reichsminister der Weimarer Republik, seinem Tagebuch die Vermutung an, Deutschland werde unter alliierter Aufsicht wohl eine Regierung bekommen, die aus Emigranten bestehen würde, aber es stelle sich die Frage: "Wird sich Rußland für den von ihm besetzten Teil diesem Regime anschließen oder werden wir ein Regime westlich und eins östlich der Elbe haben?" (Paul Moldenhauer, Politische Erinnerungen, Manuskript, Bundesarchiv Koblenz NL 19)

Konrad Adenauer bedachte im Herbst 1945 die Möglichkeit künftiger Existenz in Deutschland und ging dabei von folgender Prämisse aus: "Das von Rußland besetzte Gebiet scheint für eine nicht zu schätzende Zeit aus den Betrachtungen ausscheiden zu müssen. Die von Rußland entgegen den Potsdamer Beschlüssen vorgenommene Einsetzung einer Schattenregierung für eine Zone beweist klar, daß Rußland entschlossen ist, seine eigenen Wege zu gehen."( Kriegsende und Neuanfang am Rhein. Konrad Adenauer in den Berichten des Schweizer Generalkonsuls Franz-Rudolph von Weiss, 1944-1945, hg. von Hanns Jürgen Küsters und Hans Peter Mensing, München 1986, S. 206)

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