Hommage an Max Schreck
Wiederentdeckt – so heißt unsere filmhistorische Reihe, kuratiert von CineGraph Babelsberg e.V., die einmal im Monat vergessene Schätze der deutschen Filmgeschichte vorstellt. Zu sehen sind Werke, die oftmals im Schatten jener Filme stehen, die den deutschen Filmruhm begründet haben. Sie sind Zeugnisse einer wirtschaftlich leistungsfähigen und handwerklich ambitionierten Filmindustrie. Erstaunlich viele dieser Filme „aus der zweiten Reihe“ sind erhalten. In enger Zusammenarbeit mit dem Bundesarchiv-Filmarchiv und der Deutschen Kinemathek – Museum für Film und Fernsehen recherchieren die Mitarbeiter von CineGraph Babelsberg e.V. diese Filme und analysieren sie im historischen Kontext. Sie erstellen Begleitblätter für das Publikum, führen in die Filme ein und dokumentieren ihre Forschungsergebnisse im Filmblatt, der Zeitschrift von CineGraph Babelsberg e.V.
Eine Veranstaltungsreihe in Zusammenarbeit mit CineGraph Babelsberg e.V., dem Bundesarchiv-Filmarchiv und der Deutschen Kinemathek – Museum für Film und Fernsehen
Hommage an Max Schreck
Der am 6. September 1879 in Berlin geborene Darsteller Max Schreck schuf mit dem „Nosferatu“ eine der einprägsamsten Kinofiguren. Als wandlungsfähiger Charakterdarsteller der Bühne wurde Schreck zu Lebzeiten nicht auf diese Rolle festgelegt. Vielmehr profilierte er sich an literarisch fortschrittlichen Bühnen wie den Münchner Kammerspielen und dem Berliner Staatstheater in grotesken Nebenrollen, sorgfältig ausgestalteten Chargen und auch gelegentlichen Hauptrollen, wie z.B. in Molières Der Geizige. Nach seinem plötzlichen Tod im Februar 1936 geriet sein Name vorübergehend in Vergessenheit. Erst durch die Aufarbeitung des Stummfilmerbes nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Schreck als „Nosferatu“ wiederentdeckt. Seine umfangreiche Arbeit an deutschen Theatern und im Film verschwand dabei jedoch hinter dieser emblematischen Horrorgestalt. Kurator der Hommage an Max Schreck ist Stefan Eickhoff, dessen Monographie Max Schreck – Gespenstertheater 2009 im Belleville Verlag erschienen ist.
WIEDERENTDECKT
Das Stahltier
D 1934, R/B/K: Willy Zielke, D: Aribert Mog, Max Schreck, 76‘ 35 mm
Zum 100-jährigen Jubiläum der Reichsbahn wird Das Stahltier 1934 als Imagefilm in Auftrag gegeben, nach seiner Fertigstellung aber wegen der experimentellen, an den Expressionismus angelehnten Bildsprache verboten. Regisseur Willy Zielke, der auch Autor, Kameramann und Cutter seines Films war, landet nach dem Verbot des Films und einer Kameramitarbeit an Leni Riefenstahls Film Olympia im Irrenhaus. Eine Kopie von Das Stahltier überlebt in der privaten Sammlung Riefenstahls. Der Film ist in seiner außergewöhnlichen Bildästhetik ein prototypisches Doku-Drama, das stilisiertes Realbild und inszeniertes Nachbild mixt. Max Schreck spielt den Erfinder des ersten Dampfwagens, den Franzosen Nicholas Cugnot, in einer historischen Episode, deren sublim-altertümlicher Grusel an Carl Theodor Dreyer erinnert. Die fiktionale Rahmenhandlung des Films mit ihren futuristischen Einstellungen von Gleisen und Menschen orientiert sich hingegen am experimentell-dokumentarischen Stil Hans Richters und Walter Ruttmanns. (ste)
Einführung: Stefan Eickhoff
am 6.9.2013 um 19.00 Uhr
WIEDERENTDECKT
Der Favorit der Königin
D 1922, R: Franz Seitz, B: Alfred Schirokauer, Franz Seitz, K: Karl Attenberger, Franz Planer, D: Hanna Ralph, Maria Mindszenty, Alf Blütecher, Max Schreck, ca. 80‘ 35 mm, dt. ZT
Die 1922 auf dem Geiselgasteiger Filmgelände gedrehte Großproduktion Der Favorit der Königin lehnt sich an Ernst Lubitschs Historienfilme Anna Boleyn und Madame Dubarry an. Der Film sollte helfen, die Münchner Lichtspielgesellschaft Emelka neben der Ufa und München als Filmstadt neben der Filmmetropole Berlin zu etablieren. Der Favorit der Königin entwickelt seine Schauwerte vor allem aus der makabren Sujet-Verortung. Ärzte versuchen einer todesähnlichen Krankheit Herr zu werden und sezieren dazu trotz eines Verbots der Königin Leichen. Sie beschaffen sich die Leichen illegal und werden angezeigt. Der verantwortliche Arzt wird hingerichtet, doch sein Schüler führt dessen Werk fort. Erst als die Krankheit auch den Hof erreicht, lenkt die Königin ein. Max Schreck gibt eine grotesk-komische Nebenrolle. Den Leichenhändler Jack formt er zu einem Halunken Shakespearscher Prägung. Er verleiht dem Film einen kräftigen Schuss bizarrer Phantastik und überspitzten Humors. (ste)
An der Harfe: Merit Zloch · Einführung: Stefan Eickhoff · restaurierte Fassung
am 7.9.2013 um 19.00 Uhr
WIEDERENTDECKT
Nosferatu – Eine Symphonie des Grauens
D 1921, R: F. W. Murnau, B: Henrik Galeen, K: Fritz Arno Wagner, Günther Krampf, D: Max Schreck, Greta Schröder, Gustav von Wangenheim, ca. 90‘ · 35 mm, dt. ZT
Der im Sommer 1921 hauptsächlich „on location“ in deutschen Hansestädten und in den Bergen der Hohen Tatra gedrehte Filmklassiker verarbeitet Erfahrungen des Ersten Weltkriegs und das durch ihn zerstörte Idyll. Nosferatu ist die erste Filmadaption des damals in Deutschland noch wenig bekannten Romans Dracula von Bram Stoker. Ein auf den Film folgender Rechtsstreit mit Stokers Witwe trieb die Berliner Produktionsfirma Prana in den Ruin. Der mumienhaft gespenstische Graf Orlok aus Transsylvanien will in der deutschen Hafenstadt Wisborg ein Haus kaufen. Er verliebt sich in das Abbild der Frau des Maklergehilfen. Auf seiner Reise zur neuen Heimat hinterlässt Orlok eine Spur des Todes, die Weltkriegserfahrung wird im fantastischen Sujet unmittelbar (be)greifbar. Max Schreck spielt diese schwarzromantische Liebe mit feinem Gespür für den extrem verdichteten Effekt und verblüffend präzisem Timing. (ste)
Am Flügel: Stephan von Bothmer · restaurierte Fassung
am 8.9.2013 um 19.00 Uhr
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