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Ausbau und Komplettierung
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Abb.1
Der Orden Pour le Mérite
Großkreuz mit Eichenlaub, Preußen, 1866; verliehen
an Prinz Friedrich Karl von Preußen
(Kat.-Nr. 48a) |
Lagen
Schwerpunkte der Ausstellungs- und Sammlungstätigkeit im Zeitraum
des Aufbaus von Ruhmeshalle und Waffenmuseum von 1879 bis 1888 hauptsächlich
auf der Vervollkommnung der Waffen- und Trophäensammlung, so
wurde dieser Rahmen durch das Einbeziehen von Uniformen und Ausrüstungsgegenständen,
das Beschaffen von Fachliteratur und Kunstgegenständen allmählich
überschritten. Die museale Praxis bewies, daß die Aufgaben
der Darstellung und Vermittlung von preußischen Militärtraditionen
sowie die Würdigung der Herrscher und Feldherren nicht allein
durch Waffen und Trophäen zu bewerkstelligen waren. Infolge
der Eingebundenheit Preußens in die Geschichte deutscher Länder
und europäischer Staaten reichte auch eine Beschränkung
auf preußische Stücke nicht mehr aus. In der Zeit der
Einrichtung des Zeughauses als Museum für Waffen und Trophäen
mit Ruhmeshalle erweiterte sich bereits sein Charakter. Für
das Anwachsen der Sammlungen ist auch der Erwerb von Auszeichnungen
ein Indiz, das vor dem Hintergrund des Dreikaiserjahres von 1888
gesehen werden muß.
Kaiser
Wilhelm II. besichtigte gleich nach der Fertigstellung der Ruhmeshalle
am 11. Dezember 1888 das Zeughaus. Seine Bindungen zu diesem Gebäude
und seine persönlichen Bemühungen um die Sammlungen sollten
nun nicht mehr abreißen. "In der weihevollen Umgebung
der Herrscher- und der Feldherrenhallen fühlte sich Wilhelm
II. als Oberster Kriegsherr in gehobener Stimmung. Deshalb wählte
er für feierliche und regelmäßig stattfindende militärische
Veranstaltungen die Ruhmeshalle und den Innenhof des Zeughauses
Die Ruhmeshalle und das Zeughaus
erfuhren durch die
Veranstaltungen im Beisein des Kaisers eine wesentliche Aufwertung
in ihrer Bedeutung als Gebäude und Museum. Heldenverehrung
und Erziehung junger Menschen zum Heldentum waren in der Ruhmeshalle
unmittelbar vereint" (Müller, Zeughaus, 164f). Daß
Generalleutnant Ising unter der Regierung Wilhelms II. die Genehmigung
für einen Auszeichnungserwerb erteilt worden ist, verwundert
nicht. Unter der Aufsicht Wilhelms II. vollzog das Zeughaus den
Übergang von einer Waffen- und Trophäensammlung zu einem
heeresgeschichtlichen Museum, in dem durch den Aufbau umfangreicher
Bestände von Waffen, Uniformen, Fahnen, Dokumenten, Büchern,
Kunstgegenständen und Auszeichnungen die Militärgeschichte
umfassend dargestellt werden konnte.
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Abb.2
Der Orden Pour le Mérite,
Bruststern zum Großkreuz mit Eichenlaub, Preußen,
1866; verliehen an Kronprinz Friedrich Wilhelm von Preußen
(Kat.-Nr. 48b) |
Der
Kaiser kümmerte sich nicht allein um Sammlungsbelange herausragender
und bedeutender, historisch einmaliger und wertvoller Objekte, wie
etwa der Auftragserteilung an das Zeughaus, Gegenstände aller
verstorbenen Feldherren der Einigungskriege von 1864 bis 1871 zu
erwerben, sondern er vergaß Kleinigkeiten' keineswegs.
Einer Initiative Wilhelms II. ist es zu verdanken, daß von
allen noch vorhandenen Schießpreismedaillen einschließlich
der seiner Vorgänger je ein Exemplar an das Zeughaus kam (Rep.Z
643). Eine der damals häufigsten Auszeichnungen, die 1897 aus
Anlaß des 100. Geburtstages Kaiser Wilhelms I. gestiftete
"Kaiser-Wilhelm-Erinnerungsmedaille", auch Zentenarmedaille
genannt, gelangte ebenfalls auf Bestimmen Wilhelms II. mit einem
Exemplar an das Zeughaus. Es mag aus heutiger Sicht seltsam anmuten,
daß einer Auszeichnung, die an alle 1897 dienenden Armeeangehörigen
und die noch lebenden Veteranen der Kriege von 1848, 1864, 1866
und 1870/71 buchstäblich verteilt worden ist, diese Aufmerksamkeit
zuteil wurde. Nicht die Eitelkeit des Stifters sowie die persönliche
Verehrung für seinen Großvater dürfen als Anlässe
gelten, daß die Medaille in das Zeughaus kam. Nach der Aufgabenstellung
des Zeughauses gehörte diese Auszeichnung einfach dahin. Stiftungsinhalt
und -anlaß entsprachen dem Traditionsverständnis und
sollten für die Gegenwart und Nachwelt dokumentiert werden.
Das Stiftungsdatum der Medaille, der 22. März 1897, ist nicht
nur der Geburtstag von Wilhelm I., sondern auch der Tag, an dem
Wilhelm II. die aufgestellten und gestalteten Vitrinen mit den Reliquien
seines Großvaters und Vaters besichtigte. Die Auszeichnungen
der beiden Kaiser, Wilhelms I. und Friedrichs III. (Abb. 1 u. 2),
machten quantitativ einen bedeutenden Teil der Kaiserandenken aus.
Die aus hochwertigen Materialien durch handwerkliche Meisterschaft
der Juweliere und Medailleure hergestellten Einzelstücke bestachen
durch ihre gediegene Gestaltung und exklusive Ausführung, so
daß die Dekorationen in ihrer Gesamtheit eine optische und
emotionale sowie propagandistische Wirkung auf die Besucher kaum
verfehlt haben dürften. Aus der Beschaffung von personengebundenen
Auszeichnungen entwickelte sich eine Kontinuität, so daß
die über das Oberhofmarschallamt des Kaisers und Königs
am 21. Januar 1899 getroffene Entscheidung Wilhelms II., die Orden
und Auszeichnungen Bismarcks betreffend, nur lauten konnte, sie
dem Zeughaus zu übergeben. Hier ließ Kaiser Wilhelm II.
wissen, daß er "die Aufstellung derselben in dem kleinen
Ordensschrank neben dem für die Orden Seiner Hochseligen Majestät
Kaiser Wilhelm I. bestimmten Ordensschrank befohlen" habe (Abb.
3; Rep.Z 643, Akte 379).
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Abb.3
Orden aus dem Nachlaß Otto von Bismarcks
a) Königlicher Hausorden von Hohenzollern, Kollane mit
Kreuz der Großkomture, Preußen, 1866 (Kat.-Nr. 1b)
Hoher Orden vom Schwarzen Adler, Kollane mit Ordenszeichen,
Preußen, 1864 (Kat.-Nr. 1a) |
Als
Kommandant war von Ising gegenüber dem ihm zur Seite gestellten
Direktor, Professor Hermann Weiß, der aktivere, was die Sammlungen
anbelangt. Isings Kampf um die Gründung einer deutschen Ehrenzeichensammlung
legt dafür beredtes Zeugnis ab. Die Personalentscheidung, Edgar
von Ubisch 1895 als neuen Direktor zu bestimmen, kann für die
Jahre seiner Amtszeit bis 1911 als außerordentlicher Glücksumstand
für die Sammlungen gewertet werden. Von Ubisch griff Isings
Gedanken vom Aufbau einer Ehrenzeichensammlung auf und verfolgte
bis zu seinem Ausscheiden konsequent das Konzept der Vervollständigung.
Der Nachfolger ab 1897 im Kommandantenamt, Ferdinand von Usedom,
akzeptierte Können und Fähigkeiten seines Direktors von
Ubisch. Nach Erscheinen der Publikation von Heydens über die
Ehrenzeichen Deutschlands und Österreich-Ungarns stellte von
Ubisch an Hand der im Buch vorgenommenen Numerierung die Lücken
zu den vorhandenen Ehrenzeichen fest. Mit dem Entschluß von
Heydens, seine private Ehrenzeichensammlung durch das in Frankfurt
am Main ansässige Münzhaus Adolph E. Cahn versteigern
zu lassen, ergab sich für das Zeughaus 1898 eine erneute Möglichkeit,
militärische Ehrenzeichen in größerem Umfang zu
erwerben und somit zielgerichtet die Lücken zu schließen.
Der Kaiser lehnte einen Erwerb der Gesamtsammlung ab und bestimmte
ausdrücklich, daß sich die Generalverwaltung der Museen
und die Königliche Zeughausverwaltung nach gegenseitiger Absprache
und Einigung verständigen sollten, wer nach Auswahl welche
fehlenden Stücke für das Münzkabinett und das Zeughaus
ersteigern wolle (Vgl. Rep.Z 643, Akte 2270/98). Von Ubisch fuhr
dann selbst zur Auktion und ersteigerte vom 19. bis 23. Oktober
123 Ehrenzeichen für etwas über 3.000 Reichsmark, die
zuzüglich seiner Spesen vom Allerhöchsten Dispositionsfonds
der Generalstaatskasse beglichen worden sind. Damit verfügte
das Zeughaus über rund 450 Ehrenzeichen deutscher Länder.
Nach von Ubischs Schätzungen lag die Zahl der Auszeichnungen,
die insgesamt zu erwerben waren, um bei den militärischen Ehrenzeichen
Deutschlands und Österreich-Ungarns Vollzähligkeit zu
erreichen, bei über 500 Exemplaren. Auf seine Initiative wurden
die für Auszeichnungsangelegenheiten zuständigen Stellen
anderer deutscher Länder angeschrieben, um systematisch die
nach der Publikation von Heydens noch fehlenden Militärdekorationen
zu erstehen. Diese Recherchen erbrachten nur einen Teilerfolg, da
vielfach die frühen Ehrenzeichen nicht für eine Abgabe
zur Verfügung gestellt werden konnten.
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Abb.
4
Abbildung aus dem Zeughaus mit Neuerwerbungen durch Geschenk
aus der Sammlung Georg Schreibers im Jahre 1907. Über den
Verbleib dieser Orden und Ehrenzeichen ist seit 1945 nichts
bekannt. |
Angeregt
durch die Präsentation der Ehrenzeichen, wandte sich 1906 der
Druckereibesitzer Georg Schreiber aus München an die Zeughausverwaltung,
indem er sich folgendermaßen vorstellte: "Bei meinen
wiederholten Besuchen Berlins habe ich stets mit großer Freude
die im Königlichen Zeughaus so übersichtlich angeordnete
wertvolle Sammlung deutscher und österreichischer Ehrenzeichen
betrachtet
Ich habe den Entschluß gefaßt, durch
gütige Vermittlung Kaiserlichen Militär=Cabinets den ausländischen
Teil meiner Sammlung Seiner Majestät dem Kaiser für gedachte
Staatssammlung ehrerbietigst zur Verfügung zu stellen"
(Rep.Z 644, Akte 162/06). Mit der Schenkung gelangten erstmalig
ausländische Ehrenzeichen in das Zeughaus. Der größte
Teil dieser 280 Stücke kam wiederum sofort in die Ausstellung
(Abb. 4), wo sie auch von Wilhelm II. besichtigt worden sind. Drei
Jahre darauf kommt es zu einer erneuten Schenkung Schreibers. Diesmal
handelt es sich um 117 deutsche und österreichische Ehrenzeichen.
Die Kontakte Georg Schreibers zum Zeughaus und seine Schenkungen
verdienen für die Geschichte der Sammlungen insofern Aufmerksamkeit
und Würdigung, als es sich um einen Sammler handelte, der kontinuierlich
intensive Studien betrieb und einen wesentlichen Beitrag zur wissenschaftlichen
Ehrenzeichenkunde leistete. Zusammen mit Waldemar von Hessenthal
führte er nach 1917 das Vermächtnis und Lebenswerk von
Heydens weiter. Auf der Grundlage des Heydenschen Archivmaterials
mündete die eigene Forschungsarbeit, zu der die Sammlungen
des Zeughauses zur Verfügung standen, in das 1936 erschienene
Werk "Die tragbaren Ehrenzeichen des Deutschen Reiches".
Gegenwärtig ist es noch immer das faleristische Standard- und
Grundlagenwerk für diese Thematik.
Der
damals in Fachkreisen bekannte Dr. Hugo Hammerich zeigte sich als
Sammler und Königlicher Münzwardein ebenfalls von der
Dekorierung und der Qualität der Ehrenzeichensammlung beeindruckt.
Seine Erfahrungen auf konservatorischem Gebiet für Silber-
und Kupfermünzen und -medaillen kamen ab 1906 dem Zeughaus
zugute. Als erster Auftrag wurden ihm vom Zeughaus die Restaurierung
der Schießpreismedaillen sowie die Konservierung der Schenkungen
Schreibers übertragen. Bedenkt man, daß der Restaurierung
und Konservierung in damaliger Zeit eher ein untergeordneter Stellenwert
zukam und daß Methoden und Techniken nicht an dem heutigen
Stand der Restaurierung und ihren wissenschaftlichen Inhalten gemessen
werden können, so ist es durchaus beachtlich, daß in
dieser Hinsicht am relativ jungen Auszeichnungsbestand gearbeitet
worden ist.
Durch
Ankäufe und Schenkungen aus bedeutenden privaten Sammlungen
verfügte das Zeughaus über einen qualitätvollen Ehrenzeichenbestand,
wobei für die deutschen Länder nahezu Vollzähligkeit
erreicht wurde. In den weiteren Jahren bis 1918 kamen derartig umfangreiche
Erwerbungen nicht mehr vor. In Einzelfällen konnten Angebote
von Privatpersonen aus persönlichem Besitz oder Familieneigentum
erworben werden. Durch die erneute Verauktionierung von Auszeichnungen
aus der Heyden-Sammlung waren ebenso Zugänge zu verzeichnen
wie durch Kontaktaufnahme zur damals bekannten Münzenhandlung
Robert Ball in Berlin.
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Abb.
5
Urkunde des Reichsbank-Direktoriums an "Das Königliche
Zeughaus" über Edelmetallablieferung im Goldwert von
201,15 Reichsmark vom 15. Januar 1917, Pappe, bedruckt.
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Bedingt
durch den Verlauf des Weltkrieges und die damit verbundenen Auswirkungen
der Kriegswirtschaft führten Einschränkungen im Etat des
Zeughauses auch zu Verkäufen. So beteiligte sich das Zeughaus
durch Abgabe von Edelmetall an die Goldsammelstelle und erhielt
dafür eine Urkunde (Abb. 5). Bis zum Jahr 1918 verfügte
das Zeughaus neben den personengebundenen Orden und Ehrenzeichen,
den Auszeichnungen aus den Kaiserandenken sowie den Napoleon-Orden
über einen rund 1.000 Exemplare umfassenden Bestand an militärischen
Ehrenzeichen. Dieser zählte in seiner Qualität und Quantität
im Vergleich zu dem anderer Museen und staatlicher Sammlungen wohl
zu den führenden und bedeutendsten in Deutschland. Zu dem seit
1889 in dieser Hinsicht betriebenen Sammeln bildeten für die
Mitarbeiter des Zeughauses Ausstellen, Forschen und Konservieren
eine Einheit und Kontinuität in der musealen Arbeit mit den
Auszeichnungen. Der Kontakt zu ernsthaften und wissenschaftlich
arbeitenden Privatsammlern war ebenso Voraussetzung und Grundlage
wie persönliches Verständnis und Fachwissen engagiert
wirkender Museumsmitarbeiter.
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