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Bestände der Generalordenskommission
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Abb.
1a
Königlicher Kronenorden, Ordenskreuz der I. Klasse, dem
Emailband des Roten-Adler-Ordens und Eichenlaub, und Schwertern
am Ring, Preußen, um 1900
(Kat.-Nr. 50) |
Kriegsende und Zusammenbruch der Monarchie markierten auch für
das Zeughaus eine Zäsur. Administrativ erfolgte am 1. April
1920 seine Unterstellung unter das Ministerium für Wissenschaft,
Kultur und Volksbildung. Damit gehörte es zu den Staatlichen
Museen, Preußische Kunstsammlungen. In den Verhältnissen
der Weimarer Republik widmeten sich die Mitarbeiter verstärkt
kunst- und kulturgeschichtlichen Studien, und die Gebiete der Militärgeschichte
und Kriegspropaganda traten in den Hintergrund . Der Schwerpunkt
der wissenschaftlichen Arbeit lag auf der Waffen- und Kostümkunde.
Bereits 1919 hatte der Auszeichnungsbestand einen damals unersetzlichen
Verlust hinnehmen müssen. Am 23. Juni entwendeten nationalistisch
gesinnte Soldaten und Studenten neben französischen Fahnen
die Orden Napoleons I. Die Siegermacht Frankreich nutzte die Versailler
Vertragsverhandlungen, um die Rückgabe von Beutegut aus den
Kriegen von 1870/71 und 1914-1918 zu erlangen. Dem fügte sich
die deutsche Seite. Vor diesem Hintergrund ist auch die Entwendung
eines Teiles der Napoleonandenken als Sicherstellung vor französischem
Zugriff zu sehen, obwohl diese Gegenstände nicht von Rückgabeforderungen
betroffen waren. Der Verbleib der Orden war dann für viele
Jahre ungeklärt. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten
tauchten sie durch Übergabe an Hermann Göring wieder auf,
der sie an das Zeughaus zurückführen ließ.
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Abb.
1b
Königlicher Kronenorden, Bruststern der I. Klasse mit der
Jubiläumszahl "50", dem Emailband des Roten-Adler-Ordens
und Eichenlaub, mit Schwertern und Schwertern am Ring, Preußen,
um 1900
(Kat.-Nr. 50) |
Die Weimarer Republik kannte keine tragbaren staatlichen Auszeichnungen.
Da Stiftungen und Verleihungen nicht vorgesehen waren, die Monarchie
als Verleiher nicht mehr bestand, wurde auch die Behörde überflüssig,
die in Preußen mit allen Ordens- und Auszeichnungsangelegenheiten
befaßt war. Ende März 1920 stellte die Generalordenskommission
in Berlin ihre Tätigkeit ein. Lediglich eine bis 1938 bestehende
Abwicklungsstelle blieb zum Einzug rückgabepflichtiger Auszeichnungen
verstorbener Träger, als dem Staatsministerium unterstellt,
bestehen. Moritz Julius Binder, seit 1912 Direktor des Zeughauses,
nahm Notiz von diesem Vorgang und wandte sich an das zuständige
Ministerium. Binder ging es vor allem um eine museale Sicherstellung
von Restbeständen der bei der Generalordenskommission lagernden
Orden und Ehrenzeichen. Bis auf vereinzelte Ausnahmen waren preußische
Orden rückgabepflichtig, das heißt, die Erben oder Nachfahren
verstorbener Träger hatten sie an den Staat zurückzuführen.
In jedem Fall gelangten sie zur Generalordenskommission, die dann
je nach Zustand und Erhaltungsgrad über eine Wiederverwendung
zur erneuten Verleihung oder zur Materialverwertung des Edelmetalls
entschied. Im Laufe der Jahre hatte sich so bei der Kommission ein
wahrer Schatz angesammelt, den Direktor Binder für das Zeughaus
zu sichern verstand. Im September 1921 konnten 255 preußische
Orden (Abb. 1a u. b) sowie 196 weitere Auszeichnungen von 56 Persönlichkeiten
den Bestand im Zeughaus ergänzen. Damit verfügte dieses
über eine nahezu komplette preußische Ordenssammlung.
Vor allem waren die Orden in ihren Klasseneinteilungen und Abstufungen
vertreten. Viele Dekorationen lagen in Fertigungsarten und Ausführungsvarianten
vor, die je nach Mode oder Geschmack bestimmten Zeitabschnitten
des 18. und 19. Jahrhunderts zuzuordnen waren. In seiner historischen
Bedeutung muß der personengebundene Auszeichnungsanteil besonders
hoch eingeschätzt werden. Zu den Beliehenen gehörten Vertreter
von Fürstenhäusern und andere berühmte Persönlichkeiten.
Auf das spätere Schicksal dieser einzigartigen Sammlung wird
noch zurückzukommen sein.
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Abb.
2
Pour le Merite, Ordenskreuz, Preußen, um 1760
(Kat.-Nr. 11)
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Dank der intensiven Sammlungstätigkeit der Vorjahre besaß
der Bestand militärischer Ehrenzeichen im Jahre 1918 eine hervorragende
Qualität. Darüber hinaus kam es in der Zeit der Weimarer
Republik zu keinen nennenswerten Erwerbungen mehr. Die Mitarbeiter
beschränkten sich auf das Beschaffen einiger Weltkriegsauszeichnungen,
die über das Reichswehrministerium angefordert worden sind.
Aus Privatbesitz konnte 1928 ein aus dem Siebenjährigen Krieg
stammendes Ordenskreuz (Abb. 2) vom Pour le Merite gekauft werden.
Auszeichnungen aus dem 18. Jahrhundert zählen zu den großen
Seltenheiten. Andere Angebote mußten wegen des knapp bemessenen
Ankaufsetats abgelehnt werden. Bis auf die durch die entwendeten
Napoleon-Orden entstandene Lücke blieb die Ausstellungsgestaltung
an Orden und Ehrenzeichen unverändert. Von den aus der Übergabe
der abgewickelten Generalordenskommission stammenden Auszeichnungen
sahen die Besucher der Ausstellungen nichts.
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