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Plakate für Schauspiel und Oper
Im folgenden werden exemplarisch vor allem für Schauspiel und Oper
gefertigte Plakate analysiert,06
wobei ein Schwerpunkt auf die unterschiedlichen formalen Lösungen gesetzt
wird und die Auseinandersetzung mit der literarischen Vorlage besondere
Beachtung finden soll. Die jeweiligen Plakatentwürfe sind dabei im Spannungsbogen
zwischen subjektiv-künstlerischem Ansatz und der Bühnenbildarbeit beziehungsweise
der Inszenierung des jeweiligen Theaters auszuloten. Interessante und überzeugende
bildkünstlerische Lösungen bieten die in ihrer visuellen Wirkungsmöglichkeit
häufig unterschätzten typographisch gestalteten Plakate.07
Rolf Felix Müller setzte den Titel des Stückes "Mephisto"
(Inszenierung: Ariane Mnouchkine nach einem Roman von Klaus Mann) wirksam
in die Gesamtkomposition ein. Durch die Anpassung des Schriftzuges an die
nach rechts aufsteigende Treppenform erhält der Titel bildhafte Wirkung
und zugleich hohe Aussagekraft. Die rote Treppenform im unteren rechten
Bildteil und ein stark fragmentarisierter Ausschnitt der roten Hakenkreuzfahne
oben links - sie ist daher erst auf den zweiten Blick als solche zu erkennen
- setzen optische Schwerpunkte und betonen die Aufwärtsbewegung der Gesamtkomposition,
die durch einen zusätzlich eingezeichneten Pfeil noch verstärkt wird.
Das Stück zeichnet die Lebensläufe zweier ehemals befreundeter Schauspieler nach: Während der Kommunist Ulrich im Untergrundkampf sein Leben läßt, arrangiert sich der Mephisto-Darsteller Höfgen mit dem NS-Regime. Der nicht ganz geradlinige Weg Höfgens "nach oben" - er stand dem Nationalsozialismus anfangs skeptisch gegenüber - wird durch die holprig angeordnete Schrift sinnfällig. Das Plakat wird somit zu einem visuellen Zeichen für die zweifelhafte Karriere des Schauspielers Höfgen unter der Fahne des Nationalsozialismus, indem es sich allein auf die typographische Gestaltung des Titels beschränkt.
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06 |
Viele Plakate aus anderen Sparten
der Unterhaltungsbranche mußten in diesem Rahmen unberücksichtigt
bleiben: so die Plakate des "Metropol-Theaters", der Kabaretts
"Die Distel" und "Herkuleskeule" sowie Plakate
zu Ballett- und Musikveranstaltungen. |
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07
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Zur Funktion der Typographie vgl.:
Gebrauchsgrafik in der DDR …, 1975, S. 23, und Rademacher: Theaterplakate
…, 1990, S. 332 f. |
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