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Zusammenfassung

Diese Beispiele aus der Sammlung der Theaterplakate des Deutschen Historischen Museums legen Zeugnis ab von dem sukzessiven Wandel, den kulturelle Plakate seit Ende der vierziger Jahre erfuhren. Plakatgestalter und Künstler beschritten neue Wege visueller Kommunikation: Ungeachtet erheblicher qualitativer Unterschiede zeichnet sich eine Tendenz zum visuell Ausgefeilteren ab, das anspruchsvoller und vielschichtiger wird und somit auch immer höhere Ansprüche an den Rezipienten stellt.33 Zunehmend setzen sich eine freiere Gestaltung und die Kombination von bildkünstlerischen und photographischen Gestaltungsmitteln durch, wie sie etwa die Plakate zu der Oper "Iphigenie in Aulis" von Christoph Willibald Gluck oder zu Volker Brauns "Übergangsgesellschaft" zeigen. Aber auch die Verwendung symbolisch-zeichenhafter Metaphern, wie in Erhard Grüttners Plakat, das eine Inszenierung der Städtischen Theater Karl-Marx-Stadt von Goethes "Faust" zum Thema hat, kann sich zunehmend etablieren. Hier wird in einfachen symbolischen Formen der lineare Lebenslauf des Doktor Faustus zwischen den polaren, widerstreitenden Kräften des Himmels und der Hölle visualisiert. Die Darstellung wird somit auf die die Handlung bestimmenden Elemente reduziert, vielmehr fokussiert: Geburt und Tod werden durch einfachste, jedem verständliche Zeichen wie den Geburtsstern und das Kreuz repräsentiert, wobei beide durch die "Lebenslinie" verbunden sind, die sich im Goetheschen Kosmos zwischen den polaren Kräften Himmel und Hölle spannt, hier vertreten durch Stern und Flamme.
Die Zielgruppe eines Theaterplakates bleibt meist regional beschränkt, und nur in den seltensten Fällen wird es direkt zu einem Theaterbesuch überredet haben.34 Seine wichtigsten kommunikativen Aufgaben bestehen darin, den Gegenstand der Veranstaltung sowie Aufführungsort und -zeit zu nennen. Dabei zeichnet sich eine Entwicklung vom rein szenisch-illustrativen Plakat hin zu komplexeren Darstellungen ab. Es "deutet sich ein gewisser Funktionswandel vom ursprünglich nur zweckorientierten Werbemittel zu einem eigenen künstlerischen Ausdrucksmittel an. Vielfach nähert es sich dabei der freien Graphik."35 Die Übertragung des zunächst abstrakten Inhalts eines Programms oder einer literarischen Vorlage in eine bildhaft-anschauliche Form wird durch die Plakatkünstler unterschiedlich gelöst, die einmal mehr an die Rationalität, ein anderes Mal eher an die Emotionalität ihrer Rezipienten, der Betrachter und Theatergänger, appellieren. Gleichwohl konnten die Theaterplakate von einer konzentrierten "Telegrammstilform"36, die ein schnelles Erfassen der Inhalte ermöglicht, nicht ganz frei sein. Die häufig interpretativen Entwürfe enthalten zunehmend eine Deutung des inszenierten Werkes, wodurch eine gewisse Erwartungshaltung geschürt wird. Sie können zunächst eine Schlüsselszene, eine das Stück bestimmende Grundstimmung oder aber die Basisaussage des Stückes enthalten. Darüber hinaus halten sie über das Stück hinausgehende Aussagen parat, die sich einem interessierten oder intellektuellen Publikum erschließen.
Ebenso gewährleisten Plakate einen gewissen Wiedererkennungseffekt, da sie an den Bühnenbildern orientiert sein können und es sich wie im Falle der Arbeiten Karl von Appens um genaue Reproduktionen der szenischen Arrangements und bis ins Detail gehende Abbildungen der Kostümentwürfe handelt. Zuletzt kann mittels des Plakats vom Theaterbesucher der Handlungsverlauf des Stückes jederzeit memoriert werden, wobei die "Sinnbilder" oder die ausgewählten Details sozusagen eine Schlüsselfunktion übernehmen, durch die das Gesehene wieder ins Gedächtnis gerufen wird. Theaterplakate erfordern häufig die Kenntnis der literarischen Vorlage. Nur dann können die behandelten Themen, Bilderrätsel, literarischen und ikonographischen Anspielungen entschlüsselt werden.

  33 Rademacher: Theaterplakate …, 1990, S. 204.
  34 Ebd., S. 202.
  35 Gebrauchsgrafik in der DDR …, 1975, S. 17.
  36 "Wenn man ein Plakat macht, darf man nicht schwafeln, ein Plakat ist ein visuelles Telegramm." Ausst.-Kat.: Dietrich Kaufmann …, 1988, S. 8.

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Plakat Iphigenie in Aulis
Plakat Faust