Politische Broschüren
im Kalten Krieg
1967 bis 1963
(von Klaus Körner) |
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Auftakt zum
Kalten Krieg 1947-1950 |
Die deutsche
Öffentlichkeit blickte im Frühjahr 1947 erwartungsvoll nach Moskau. Dort begann am 10.
März eine Konferenz der Außenminister der vier Siegermächte über die deutsche Frage.
Unmittelbar vor Konferenzbeginn strahlte der Nordwestdeutsche Rundfunk in Hamburg das
Hörspiel aus "Was wäre, wenn...". Hörspielautor Axel Eggebrecht entwarf darin
ein utopisches Szenario: Deutschland wird 1947 UNO-Mandatsgebiet, mit den umliegenden
Staaten wird dieses Gebiet zu "C.E. (Central Europe)" vereinigt, und nach vier
Jahren können dann Volksentscheide über eine etwaige Rückkehr zu den alten
Nationalstaaten bestimmen. Die Hörer waren von der Sendung so angetan, daß sie
massenhaft die Zusendung des Textes erbaten. Der Verleger der Rundfunkzeitschrift
"Nordwestdeutsche Hefte", Axel Springer, brachte das Hörspiel als Sonderheft in
Großauflage heraus. Im Gegensatz zu diesem schönen Zukunftsbild stand die tatsächliche
Entwicklung nach der Moskauer Konferenz: Beginn des Kalten Krieges und Vertiefung der
Spaltung Europas und Deutschlands.
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Gleichzeitig mit der
Eggebrecht-Schrift erschienen im Hamburger "Morawe
& Scheffelt Verlag" zwei damals wenig beachtete
Broschüren, deren Umschläge bereits das außenpolitische
Weltbild der Westdeutschen zeichneten, wie es sich
die Westmächte wünschten: Bereitschaft zur Westintegration
und Abgrenzung gegenüber der Sowjetunion. Die erste
Broschüre hat einen Umschlag in Grün, der Farbe
der Europa-Bewegung, und den Titel "Die letzte
Chance. Deutschland und die Vereinigten Staaten
von Europa". Die zweite Schrift hat einen Umschlag
in Rot und der Titel lautet "Sibirien. Wie
leben die deutschen Kriegsgefangenen in Sowjet-Rußland".
Der Heimkehrer Adolf Woderich berichtet über die
triste Lage der Kriegsgefangenen und weist zum Schluß
darauf hin, wieviel besser es doch die Deutschen
hätten, die in westliche Gefangenschaft geraten
seien. Wahrscheinlich stammen die Ideen zu diesem
Schluß und dem roten Sibirien-Umschlag vom Autor
der Europa-Schrift, Dr. Eberhard Taubert, der sich
jetzt Dr. Erwin Kohl nannte. Taubert mußte 1947
noch unter einem Decknamen leben, weil er bis 1945
als Leiter der Ostabteilung des Propagandaministeriums
in Berlin gearbeitet hatte und jetzt den britischen
Geheimdienst in Fragen des Kalten Krieges beriet.
Von britischer Seite wurde jedoch kein Geld für
politische Schriften ausgegeben, das überließen
sie den Amerikanern.
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Die US-Militärregierung
hatte schon frühzeitig zu Umerziehungszwecken ein
Overt-Book-Programm aufgelegt, Aufklärungsliteratur
über die Vorzüge der amerikanischen Demokratie und
Lebensweise. Dieses Programm wurde nach 1947 um
antikommunistische Titel erweitert, so Victor Kravchenko
- "Ich wählte die Freiheit", Arthur Koestler
- "Sowjet-Mythos und Wirklichkeit", Robert
Ingrim - "Von Talleyrand zu Molotow" oder
David J. Dallin - "Das wirkliche Sowjet-Rußland".
Die Wirkung dieser Bücher mußte aber schon wegen
des Vertriebswegs beschränkt bleiben. Anders als
in den USA wurden in Deutschland Bücher traditionell
nur in Buchhandlungen verkauft, aber nicht über
Tankstellen, Drugstores, Warenhäuser oder Kioske
vertrieben. Außerdem wollten die Westdeutschen nach
der Währungsreform vom Juni 1948 kein Geld mehr
für politisch belehrende Schriften ausgeben.
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Aus der Sowjetzone
kamen dagegen seit September 1947 massenhaft Broschüren
in die Westzonen, in denen die amerikanische Deutschlandpolitik
und der Marshall-Plan für den europäischen Wiederaufbau
heftig angegriffen wurden. In Schriften wie M. Marinin
"Die "Truman-Doktrin" und der "Marshall-Plan",
R. Willer - "Hinter dem seidenen Vorhang",
W. Pomeranzew - "Recht und Scheinrecht"
wurde außerdem das amerikanische politische System
als Regime der Ausbeutung und Unterdrückung gebrandmarkt.
Die Broschüren erschienen im Verlag der Sowjetischen
Militäradministration, im Verlag der sowjetamtlichen
Tageszeitung "Tägliche Rundschau" oder
im Express-Verlag Den Westvertrieb besorgte die
westdeutsche KPD. Die Verbreitung von Broschüren
wurde seit 1948 zu einem schwierigen Unternehmen,
weil die Sowjetische Militäradministration im Herbst
1947 ein Importverbot für westliche Presseerzeugnisse
verfügt hatte und daraufhin auch die Westmächte
1948 die Einfuhr von Schriften, die in der Sowjetzone
gedruckt waren, verboten.
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Die
Amerikaner gingen Ende 1947 zum Gegenangriff über.
Im November 1947 eröffnete die amerikanische "Neue
Zeitung" in München und Berlin eine neue Kleinschriftenreihe
mit dem Sonderdruck "Marshall stellt klar.
Am Vorabend der Londoner Konferenz". Es folgten
Titel wie "Hinter dem Eisernen Vorhang",
"Mit vereinten Kräften. Europa plant, Amerika
hilft" oder "Arbeiter oder Ausgebeutete?
Das System der Arbeitslager in Sowjetrußland".
Diese Schriften wurden für 50 Pfennig an Kiosken
verkauft. Da Presseerzeugnisse bis zum Mai 1949
in West-Berlin noch mit Ostmark bezahlt werden konnten,
gelangten die Schriften über die offene Grenze auch
in die Ostzone. Das "Komitee für Freie Gewerkschaften"
der amerikanischen Gewerkschaftsbewegung AFL versandte
von Berlin aus 1949 kleinformatige Druckschriften
mit der Post in die Ostzone, so den Titel "Rechte
der Arbeiter in Amerika und in Rußland. Demokratie
und totalitäres System".
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Die SPD machte den
Arbeitern in der Ostzone ebenfalls klar, daß sie
von der Sowjetunion und der SED nichts Gutes zu
erwarten hatten. Unter dem Titel "Ostdemontage"
verteilte die SPD in Berlin im April 1948 eine Broschüre,
in der sämtliche von den Sowjets demontierten, zur
Demontage vorgesehenen oder in Sowjetische Aktiengesellschaften
umgewandelten Betriebe aufgelistet sind. Auf dem
schwarz-weiß-roten Umschlag sind zwei deprimierte
Arbeiter zu sehen, die vor einer leeren Fabrikhalle
auf einer schlichten Holzbank sitzen und einer ungewissen
Zukunft entgegensehen. Ihre Wirkung erlangte die
westliche Broschürenagitation durch die Großereignisse
des Jahres 1948, den Beginn des Marshall-Plans,
die Währungsreform und den Erfolg der "Luftbrücke"
nach Berlin. Das Ende der Berliner Blockade im Mai
1949 leitete ein Jahr trügerischer Ruhe im Kalten
Krieg ein.
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