Neue Zielgruppe der DDR-Agitation wurde ab
1957 die Bundeswehr. Für die jungen Wehrpflichtigen produzierte die DDR eigens die
Zeitschriften "Kaserne", "Soldatenfreund" und "tabu". Diese
Magazine enthielten eine bunte Mischung von Antimilitarismus, Politsatire und Soft-Porno.
Die Generäle der Bundeswehr wurden darin durchweg als Kriegsverbrecher und NS-Schergen
dargestellt. Derartige Angriffe wie auch die Anfangserfolge der Protestbewegung
"Kampf dem Atomtod" überzeugten Verteidigungsminister Franz Josef Strauß von
der Notwendigkeit einer "Psychologischen Verteidigung" der Bundesrepublik in der
geistigen Auseinandersetzung mit dem "Weltkommunismus".
Bundeskanzler Adenauer wurde ein lebhafter
Befürworter einer entsprechenden Propagandaorganisation auf NATO-Ebene, also einer Art
demokratischem "Antikomintern". Die Zustimmung der Westmächte blieb jedoch aus.
So schuf das Verteidigungsministerium im August 1958 im Führungsstab der Bundeswehr ein
Referat "Psychologische Kampfführung" (PSK). Durch dieses wurden neben der
internen Arbeit innerhalb der Bundeswehr zahlreiche Broschüren und Bücher gefördert,
die in den Hausverlagen des Ministeriums erschienen. Typisch für diese Broschürenart ist
die Schrift "Papageien" aus dem Severus Verlag, einer Filiale des Harald Boldt
Verlages. Ein Mitarbeiter des Volksbundes beschreibt darin die Arbeit der Deutschland
vertriebenen Tarnzeitschriften der DDR. Den Umschlag zieren zwei Papageien, die
nachsprechen, was ein dritter Vogel, der von Walter Ulbricht gelenkt wird, ihnen
vorspricht. Propagandistische Unterstützung lieferten die Rotbücher des "Komitees
"Rettet die Freiheit", die von der Bundeszentrale für Heimatdienst verbreitete
Verfassungsschutzschrift "Die trojanische Herde" und das Auftreten des
austro-amerikanischen Publizisten William S. Schlamm.
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Eine neue Aufgabe wuchs der PSK nach dem Bau der Berliner Mauer zu.
Flugblätter gaben den Soldaten der Nationalen Volksarmee der DDR an der Grenze
Ratschläge, wie sie auf Flüchtlinge schießen könnten, ohne zu treffen. Bunte Bälle
trieben an die DDR Ferienstrände der Ostsee mit der Parole "Freiheit kennt keine
Mauer". Daneben wurden mit Ballons auch in der Tradition des Ostbüros der SPD -
komplette Sachbücher in die DDR expediert. Diese Ballonschriften hatten das Format von
Taschenkalendern mit Plastikeinband, waren auf Bibeldruckpapier gedruckt und hatten keine
Aufschrift. Anstelle eines Impressums war eine Tarnadresse des Militärischen
Abschirmdienstes der Bundeswehr eingedruckt. Versandt wurden z.B. Carola Sterns
Ulbricht-Biographie, Arthur Londons Bericht über den Slansky-Prozeß in Prag, und die
Erinnerungen von Ginsburg: "Marschroute eines Lebens". 1969 kam es im Rowohlt
Verlag zu einer Debatte darüber, ob man sich an solchen Ballonaktionen beteiligen solle.
Mit dem Abschluß des Grundlagenvertrages wurde diese Art von Broschürenkrieg 1972
eingestellt. |