"Der Film sieht
weg, wo es um das wichtigste geht. Er rührt das Grundthema der deutschen Gegenwart nicht
an. Es ist, als läge ein Tabu über diesem ganzen Bereich. Seit der Spaltung sind, sage
und schreibe, ganze drei Filme gemacht worden, in die das Thema hineinspielt:
´Postlagernd Turteltaube´, ´Weg ohne Umkehr´, ´Himmel ohne Sterne´. Und der letze
von ihnen ist auch schon wieder fünf Jahre alt", schrieb Friedrich Luf 1960.
(zitiert nach Rolf Aurich - Geteilter Himmel ohne
Sterne, in : Kalter Krieg. 60 Filme aus Ost und West. Herausgegeben von der Stiftung
Deutsche Kinemathek, Berlin 1991, S.31)
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Das ist vielleicht
nicht ganz zutreffend in der Anzahl der Filme -
es hätten auch noch "Die Spur führt nach Berlin"
(1952, Regie Franz Cap), "Vom Himmel gefallen"
(1955, Regie John Bram) und "Menschen im Netz"
(Regie Franz Peter Wirth) erwähnt werden können
-, wohl aber in der Tendenz, die sich auch später
nicht änderte. Alles zusammengenommen gab es bis
in die späten sechziger Jahre vielleicht ein
gutes Dutzend Filme, "in die das Thema
hineinspielt". Nicht grundsätzlich anders sah
es in der DDR aus, wo es allerdings einige Produktionen
mehr sind, die sich thematisch auf den Kalten Krieg
beziehen; von Kurt Maetzigs "Roman einer jungen
Ehe" (1951) bis Rohland Gräfs "Die Flucht"
kann man ein halbes Duzend Produktionen mehr als
im Westen veranschlagen. Dabei handelt es sich um
Spielfilme; die Ausprägungen, die der Kalte Krieg
in Dokumentarfilmen und Wochenschauen gefunden hat,
sind unberücksichtigt; ebenso die Filme, die den
Kalten Krieg nicht thematisieren, wohl aber, in
ihren ganz anders gelagerten Handlungen, die Strukturen,
die Feindbilder übernehmen.
So ist "Der Arzt von Stalingrad" oberflächlich betrachtet
ein Film, der von Kriegsgefangenen in russischen Lagern handelt, doch sind die Mittel, mit
denen hier ein Gegensatz von zivilisierten Deutschen und unterjochten bzw. unterjochenden
Russen (so werden sie im Film immer genannt, wenn auch die Wachmannschaften beim casting
offenbar nach ihren asiatischen Gesichtern ausgesucht wurden) aufgebaut wird, ganz vom
Geist des Kalten Krieges. Daß das Kind des Lagerkommandanten nur durch den deutschen
Chirurgen gerettet werden kann, das hat etwas vom neu gewonnenen Glauben an die eigene
Stärke, dem Vertrauen in das know how der Wirtschaftswunderjahre - und es entscheidet den
Ost-West-Gegensatz so, wie es der Position der Offensive entspricht, die auch in den
thematisch eindeutigen Filmen feststellbar ist. Dagegen steht in den Filmen der DEFA ein
defensiver Grundton - von Beginn an setzt sich dieser Ton gegen den üblichen positiven
Schluß als das Entscheidende durch.
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