In John Brahms "Vom Himmel gefallen"
(BRD/USA 1955) gibt es einen running gag über die modernen Gemälde, die an den Wänden
der US-Botschaft in einem osteuropäischen Land hängen. Der neu eingetroffene Soldat
sieht sie mit Schaudern, kann aber gegenüber Besuchern schon bald die Erläuterungen
repetieren. Der Botschaft wird manches in den Garten geworfen, was hinter dem Eisernen
Vorhang keinen Platz hat: Manuskripte, auch Partituren - einmal sogar ein Baby. Um die
Frage, ob dieser Erdenwurm für die Zivilisation gerettet werden kann oder ausgeliefert
werden muß, kreist die Story, die ein frühes (und nicht besonders gelungenes) Beispiel
für eine Komödie über den Kalten Krieg ist. Der Feind des Säuglings
und des Westens heißt Kovacs; er kommt in die Botschaft, um das Baby zu fordern.Joseph
Cotten, der den Botschafter spielt, zeigt ihm eine Partitur, die ein unterdrücktes Genie
des Landes in den Garten der Botschft warf. Kovacs spielt das Stück am Klavier, unwillig,
bis er die Abneigung der Amerikaner gegen die modernen Töne bemerkt - dann legt er sich
ins Zeug.
Was Brahm hier für einen komischen
Effekt nutzt, demaskiert einen aufschlußreichen Schwachpunkt in den Ideologien. Der
Westen garantiert die Freiheit der Kunst - bloß mag dort niemand die Moderne. Und die
Rechtdenkenden, ob Botschafter oder einfacher Soldat, fühlen sich wohler, würden sie mit
ihr nicht behelligt. Ihnen schiene ein Verbot, wie es im unfreien Osten praktiziert wird,
nicht besonders bedauerlich. Wie rigide aber die antimodernistische Vorstellung des guten
Geschmacks, des gesunden Menschenverstandes ist, zeigt die Unverfrohrenheit, mit der
einige DEFA-Filme diese Vorurteile bedienen, um ihre
Message abzusichern. Maetzigs "Roman einer jungen Ehe" (DDR
1952), ohnehin ein elender Film, zeigt die junge Schauspielerin Agnes , die ein Engagement
sucht. Ihr wird eine Rolle in einem Stück Sartres vorgeschlagen; ihr Abscheu -
"grünen Gallert" nennt sie das Drama - qualifiziert sie in diesem Film zur
Heldin.
Auch Carow weiß die Abwehrhaltung gegen
die Moderne zu mobilisieren; in "Das Leben beginnt" findet
Erika in ihrem neuen Zimmer in der Dahlemer Villa moderne Gemälde vor, die sie frösteln
machen - dem gleichfalls unangenehm berührten Publikum wird hier bedeute, für Erika sei
nicht jede Hoffnung vergebens. Und in Arthur Pohls "Spielbankaffäre"
(1956/57), wo ein vollständiges Inventar in westlichem Design der 50er mit
Neon-Bar-Beleuchtung, Mannequins auf Tour an der Adria, Spielbanken und Presse-Intrigen
einen wahrlich bunt leuchtenden Westen vorführt, werden die modernen Gemälde an den
Wänden der größten Schurken wie selbstverständlich präsentiert, um das Bild der
Dekadenz zu vervollständigen.
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