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Der Kalte Krieg
und der deutsche Film
(von Rainer Rother)

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Ku-Damm

Die Warenwelt des Westens in "Postlagernd Turteltaube)                           

Hitchcock war ein Freund ökonomischer Lösungen und so zeigte er von der Schweiz die Alpen, von Holland die Windmühlen. Was er wohl im Nachkriegsberlin als Signal für den Schauplatz der Geschichte ausgesucht hätte? Für andere Filmemacher jedenfalls war der Ku-Damm ein solcher Ort; er signalisiert "West-Berlin". Eine naheliegende Entscheidung, weil die meisten repräsentativen Bauten ohnehin im Osten lagen und der Rest in Trümmern.

Ku-Damm, das heißt die Ruine der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche, der Stern über der Stadt und vor allem: Läden. Das Ensemle, mit dem Westberlin in den Filmen annonciert wird, besticht nicht architektonisch, auch nicht durch seine Geschichte; diese "Straße ohne Erinnerungen" ist die geschichtsloseste, hatte Siegfried Kracauer schon Anfang der 30er Jahre geschrieben. Es besticht durch die Auslagen, durch die Fülle in den Schaufenstern, nachts durch den Prunk der werbenden Neonlichter. Die Konsummetropole, nichts könnte besser charakterisieren , wie fragil das Selbstbildnis der Stadt sein mußte; anderswo gab es Wahrzeichen, hier Waren-Zeichen.

                

Auf dem Ku-Damm treffen sich die entgegengesetzten Welten. In "Der Weg ohne Umkehr" von Victor Vicas (1953) schlendert ein russischer Ingenieur über diese Straße. In einer Bar sieht er zu wie Wolfgang Neuss Kalauer über Russen produziert. Ivan Desny spielt den Ingenieur, und wie er hier mit offenen, staunenden, manchmal auch skeptischen Augen über den Boulevard des Westens geht, das bereitet schon seine Umkehr, die Flucht nämlich, vor. Die wird ihm erleichtert, weil man ihm unverblühmt zu verstehen gibt, daß der Spaziergang auf dem Kudamm überwacht wurde und solche Ausflüge nicht gerne gesehen sind. Außerdem stellt er fest, wie ein Arbeitskollege, der ihn anfangs aus einem Mißverständnis für einen Spitzel hielt und sogar töten wollte, unter den unsinnigen Forderungen leidet, die der Ingenieur nicht erfüllen kann, weil das Material nichts taugt. Dessen Sohn ist "von der der Dialektik" verblendet", so das die Eltern fliehen wollen, doch wird der Mann ermordet. Und der ihn am meisten trietzte, der war früher bei der Gestapo und ist deswegen für seine neue Rolle prädestiniert - es ist die gleiche geblieben.

Dies ist überhaupt ein verbindender Zug: die Nazis bevölkern in westlichen Filmen die DDR, während den in östlichen Filmen die positiven Protagonisten immer schon Antifaschisten waren, und die Nazis im Westen wirken. Nun ist es Desny ganz klar, ihm bleibt nur die Flucht. Die Freundin geht mit ihm, aber als er sie kurz allein läßt in der Pension, wo sie im Westen untergeschlüpft sind, da holt sie der russische Kommissar und entführt sie in den Osten. Die Fahrt zurück (und in den Tod) geht durch das Brandenburger Tor, das vor dem Mauerbau oft als eindringliches Symbol der Teilung gezeigt wird.

        

Anders sieht der Ku-Damm von der DDR her aus. Noch einmal triff sich das Paar nach der Flucht des Mannes; sie folgt ihm nach West-Berlin, es ist nicht ganz klar, ob es einen Besuch oder ein Bleiben meint. Im Cafe Kranzler sitzen sie ganz allein im großen Raum, der von Licht überstrahlt wird und so unwirklich aussieht, daß des Bleibens für sie nicht sein kann: "Der geteilte Himmel" von Konrad Wolf (DDR 1964). Hier heißt es, "man ist auf schreckliche Weise allein", und die Bilder belegen es.

Die Zeichen, die in den westlichen Filmen die Fülle und den Reichtum bedeuten sollem, werden in den DDR-Filmen umgekehrt. Möglich ist das nur durch die Abstraktion, die aus "wirklichen" Orten unwirkliche macht. Oder durch eine plakative Montage, wie sie Heiner Carow in "Das Leben beginnt" einsetzt, wo er Erikas Verwirrung durch die sinnleeren Reize der westlichen Kultur verdeutlichen will. Im Jazz-Keller tanzen die Jugendlichen wie hypnotisiert und seelenlos, drohende Wirbel bilden sich aus den sonst so verführerischen Neon-Reklamen. Manchmal geht dieser "abstrakte Westen" nicht auf, weil die Fülle der Warenwelt bloß angedeutet werden darf. Und in "Alaskafüchse" (Regie Werner Wallroth, DDR 1964) taucht im vorgeblichen US-Stützpunkt nicht nur Meißner Porzellan auf; selbst die Bewegungen der Schauspieler, die bemüht sind, amerikanische Lässigkeit nachzuahmen, fallen so deutsch-bieder aus wie zu befürchten war.

                    

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