Im übrigen wurde der
Kalte Krieg nicht von den USA und der Sowjetunion
alleine geführt; angesichts der Ambivalenzen der
amerikanischen wie der sowjetischen Politik spielten
oft auch die westlichen Europäer eine entscheidende
Rolle. In der Deutschlandfrage war es der britische
Außenminister Bevin, der 1946/47 gegenüber den zögernden
Amerikanern einen Abschottungskurs der westlichen
Besatzungszonen durchsetzte; früher als die amerkanischen
Führung war er für die Überzeugung gewonnen worden,
daß eine Befriedigung sowjetischer Reparationsbedürfnisse
zu einer Sowjetisierung ganz Deutschlands führen
würde. In die gleiche Richtung wirkten deutsche
Politiker wie Kurt Schumacher und Konrad Adenauer,
die die sowjetischen Zone schon 1945 abgeschrieben
hatten und darum Versuche zur Schaffung gesamtdeutscher
Strukturen nach Kräften behinderten.
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Die sowjetische Absage
an den Marshall-Plan im Juli 1947 wurde von Bevin
und seinem französischen Kollegen Bidault gezielt
provoziert: Indem sie minimale Meinungsverschiedenheiten
zu Grundsatzdifferenzen hochspielten, erreichten
sie es, daß sich Stalin nach langem Zögern zu der
Auffassung durchrang, eine sowjetische Beteiligung
werde noch verheerendere Folgen für das Sowjetregime
haben als eine Absage. Die Beschlüsse zur Bildung
des Atlantikpakts (April 1949) sowie zur Schaffung
der integrierten NATO-Streitmacht für Europa (Dezember
1950) gehen eindeutig auf das Drängen der Europäer
zurück; die Amerikaner hielten eine militärische
Bedrohung des westlichen Europas zunächst nicht
für gegeben und verstanden ihr Engagement, auch
nachdem sie schließlich eingewilligt hatten, nur
als vorläufig.
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Insgesamt hat es also
eine Fülle von Weichenstellungen in Richtung auf
den Kalten Krieg gegeben. Es kann daher keine Rede
davon sein, daß die Konfrontation aufgrund des Systemgegensatzes
zwischen Ost und West unvermeidlich gewesen sei.
Wer so argumentiert - und das tun, nicht zuletzt
weil es politisch ganz bequem ist, viele -, leugnet
die Offenheit der Geschichte und verwischt die Verantwortlichkeiten.
Gewiß war der Kalte Krieg kein bloßes Mißverständnis.
Bei den vielen Gegensätzen zwischen liberaldemokratischer
Demokratie amerikanischer Prägung und sowjetkommunistischer
Mobilisierungsdiktatur und dem missionarischen Anspruch
der beiden Hauptsieger des Zweiten Weltkriegs war
ihre Konfrontation von vornherein wahrscheinlich
und die Spaltung Europas in gegensätzliche Einflußsphären
auf jeden Fall die bequemere Lösung. Fremdheit,
Neigung zu ideologischer Verallgemeinerung und Unerfahrenheit
im Umgang mit fremden Mächten erschwerten die Verständigung
zusätzlich. Aber notwendig war die Konfrontation
in der Form, in der wir sie kennen, deswegen noch
lange nicht. Es bleiben wesentlich kooperativere
Formen der Nachkriegsordnung denkbar, freilich ebenso
auch noch höhere Grade an Konfrontation.
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