II. Rückschau auf den Ursprung und die
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       Seit der Wende zum 19. Jahrhundert wurden 
        kultureller und wissenschaftlich-technischer Fortschritt mehr denn je 
        gefeiert. Erfinder, Erfindungen und deren praxisorientierte Nutzung galt 
        es zu bejubeln. (Katalog-Nr. 16, 28, 35) Zur Fortschrittspropagierung 
        gab es zahlreiche Industrie-, Landwirtschafts- und Gewerbemessen und Ausstellungen 
        aller Art. Die Teilnehmer wollten sich, die Briefköpfe und Erzeugnisse 
        mit Medaillen schmücken. Dieser Wunsch ging zurück auf den Auszeichnungscharakter 
        vieler Medaillen, der noch aus der Zeit des 17. und 18. Jahrhunderts datierte, 
        als kulturelle und wissenschaftliche Leistungen mit schwergewichtigen 
        Goldmedaillen, dediziert "Für Kunst und Wissenschaft", 
        aus des Fürsten Hand belohnt wurden. Nunmehr sorgten zahllose Preismedaillen 
        für den gefragten Putz. (Katalog-Nr. 25, 31) 
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       In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts 
        trat das zuvor eher stillschweigend geduldete Festhalten an früheren 
        Stilformen verstärkt hervor. Eine vornehmlich national geprägte 
        Geschichtsforschung war in den Mittelpunkt des kulturwissenschaftlichen 
        Interesses gerückt und erstreckte sich auf fast alle Bereiche des 
        gesellschaftlichen Lebens. Historische Quellenforschung 
        und Nationalbewegung entdeckten das Mittelalter neu. Romanische und gotische 
        Kunstrichtungen kamen wieder zur Geltung. Daneben blieben Renaissance 
        und Klassizismus hoch im Kurs, selbst barocke Stilelemente wurden nicht 
        verschmäht. Mischformen bildeten sich heraus. Im Zeitalter der industriellen 
        Revolution galt die Perfektion bei der Medaillenherstellung mehr denn 
        je. Zum Medailleur trat gleichberechtigt der Techniker. Das vernichtende 
        Urteil der (zeitgenössischen) Kunstwissenschaft über die Medaille 
        des Historismus war nicht so sehr auf die Inhalte gerichtet, sondern galt 
        vor allem dem Umstand, daß es nicht gelang, einen neuen Stil zu 
        kreieren, daß formalistisch-degoutante Symbolik vorherrschte und 
        daß die Medaille überwiegend zur industriellen Massenware, 
        bestenfalls zum perfekten, aber leblosen Kunsthandwerk verkam. Die Wurzeln 
        dieses geschmähten "Medaillenstils", nämlich mit dem 
        Stilpluralismus Geschichtsbewußtsein und Patriotismus bildhaft zu 
        offenbaren, waren längst vergessen. Dabei ermöglichte gerade 
        die Zeit des ausgehenden 19. Jahrhunderts vielen Künstlern beste 
        Ausbildung, Förderung und Emanzipation. (Katalog-Nr. 34) 
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       Die patriotische Nationalbewegung im 
        Deutschland des 19. Jahrhunderts mündete angesichts der gescheiterten 
        Revolution von 1848 und der nun hervorbrechenden sozialen Fragestellungen 
        folgerichtig in die Entwicklung einer politischen Parteienlandschaft. 
        (Katalog-Nr. 26, 27, 30, 33) 
    Immer mehr propagandistische und politische Inhalte fanden Eingang in die Medaillenthematik. Nationalbewegung, Sozialdemokratie und Arbeiterbewegung bedienten sich zunehmend der Volksmedaille, einer auf große Verbreitung zielenden Kleinform aus meist wertlosem und daher preiswertem Metall. (Katalog-Nr. 29, 32)  | 
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