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Ausblick
Die ausgewählten Beispiele haben bereits gezeigt,
wie vielfältig das Spektrum der Filme war, für die es in der
DDR galt, Plakate zu gestalten. Es gab Heimkehrer- und Trümmerfilme,
Antifaschistische Filme, Antikriegsfilme, Schilderungen des Aufbaus der
sozialistischen Gesellschaft, Weltraumabenteuer, Filme zur Geschichte
der Arbeiterbewegung und der November- und Oktoberrevolution, auch historisch-biographische
Filme, Literaturverfilmungen, Liebesfilme, Spionage- und Kriminalfilme,
Zirkusfilme, Märchen- und Kinderfilme, Musikfilme und sogar Western.
Für jede dieser Gattungen lassen sich in der Sammlung des Deutschen
Historischen Museums Plakate finden, nur nicht zu den DEFA-Filmen, die
1964/65 entstanden und im Zusammenhang mit dem 11. Plenum des ZK der SED
im Dezember 1965 verboten wurden, unter anderen "Spur der Steine",
"Denk bloß nicht, ich heule", "Der Frühling
braucht Zeit", "Das Kaninchen bin ich"und "Fräulein
Schmetterling". Für den 1965 von Frank Beyer in Szene gesetzten
Film "Spur der Steine"mit Manfred Krug in der Rolle des Zimmermanns
Balla waren Plakate, nach Entwürfen von Erhard Grüttner und
Jürgen Grossmann gedruckt worden.24
Die bereits angebrachte Werbung wurde jedoch überklebt.25
Die Filmproduktion in der DDR war nicht nur gekennzeichnet durch
staatliche Kontrolle, sondern auch durch die Versuche der Filmemacher,
sich dieser zu entziehen. Die Haltung der offiziellen Seite war - je nach
innen- und außenpolitischer Lage - durch einen periodischen Wechsel
zwischen Strenge und Lockerung charakterisiert. Nach dem Mauerbau 1961
und der dadurch bedingten innenpolitischen Stabilisierung gab es zunächst
eine kulturpolitische Entspannungsphase, die durch das 11. Plenum des
ZK der SED abrupt beendet wurde. Daß die Partei- und Staatsführung
die neue, mutige, kontroverse Entwicklung eine Zeitlang tolerierte, hatte
viel damit zu tun, daß die Kinos häufig leer blieben, wenn
die "lieblos produzierte Ideologie-Kunst" gezeigt wurde, und
daß das Publikum stattdessen nach Karten für westliche Filme
anstand.26
Alle für die DDR zu nennenden Gestaltungstypen finden sich
im wesentlichen auch im westdeutschen Filmplakat. Doch es lassen sich
auch einige Unterschiede ausmachen. So fehlen auf den Filmplakaten der
DDR weitgehend die im Westen bekannten sensationslüsternen, grell-voyeuristischen
Darstellungen von "sex and crime". Allerdings finden sich Stereotype
und unverwüstliche bildnerische Klischees, wie dramatische Mimik
und Gestik, besonders beim Kriminal- und Abenteuerfilm, auch in zahlreichen
Plakaten von DDR-Graphikern. Dementsprechend lassen sich bis in die achtziger
Jahre hinein kritische Einschätzungen der Plakatproduktion finden.
So formulierte 1982 beispielsweise der Graphiker Otto Kummert, der zwischen
1974 und 1982 Künstlerischer Leiter bei "Progress" gewesen
war, einen interessanten Zusammenhang zwischen der mangelhaften Qualität
von Filmplakaten und der ihnen zuweilen zugewiesenen Rolle als "Ausputzer"
für Mängel des Films: "Wie schon in vielen zurückliegenden
Jahren konstatieren wir Schwierigkeiten bei der Entstehung von DEFA-Filmplakaten.
Gerade diesem Gebiet gehört die besondere Aufmerksamkeit des Verleihs!
Jedoch werden zu viele Forderungen und persönliche Wünsche an
das DEFA-Plakat herangetragen. Häufig ist es nur der Wunsch, dem
Filmplakat die Funktion der letzten Korrektur dieses oder jenes Mangels
am Film zuzuweisen, oder das Bestreben des Regisseurs, die Regie über
den fertigen Film hinaus noch im Plakat weiterführen zu wollen. Diese
und viele weitere Erscheinungen lassen dem Gestalter nur geringe schöpferische
Möglichkeiten und machen den Auftrag zu einer Zwangs- und Pflichtübung."27
Das Fehlen der wirtschaftlichen Konkurrenzsituation in der DDR
ermöglichte jedoch durchaus die Produktion von Filmplakaten, die
das Publikum für den Film interessieren sollten, ohne in erster Linie
seine Schau- und Sensationslust anzusprechen. Nicht zu vergessen ist dabei,
daß die Dichte der Filmwerbung zumindest im Stadtbild westdeutscher
Großstädte höher war als in der DDR. So hatten dort unter
gestalterischen Gesichtspunkten sowohl Andeutungen als auch komplexere
Bildformen eine größere Chance, wahrgenommen zu werden. In
der DDR wurde im Unterschied zur Bundesrepublik bereits in den fünfziger
und sechziger Jahren eher mit dem Mittel der Montage gearbeitet. Andererseits
wirkten vor allem in der frühen DDR die kulturpolitische Gängelung
und die Forderung nach einem "sozialistischen Realismus" und
der schnell geäußerte Formalismus-Vorwurf auch im Bereich der
Gebrauchsgraphik der DDR hemmend. Später zeigten einzelne Graphiker
sehr innovative, zeichenhafte Lösungen, die aus der Masse der Filmplakate,
die nach wie vor szenisch angelegt waren, herausragen.
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24 |
Stach/Morsbach: Posters of GDR-Films
, 1991, S. 101 f. - Grossmann (geb. 1925)
arbeitete seit 1956 als Chefgraphiker beim Fernsehfunk der DDR. |
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25 |
Am 29.6.1966 bestätigte das Sekretariat
des ZK der SED "die Maßnahmen der Leitung des Ministeriums für
Kultur zur kurzfristigen Beendigung des Einsatzes des Spielfilms Spur
der Steine in Lichtspieltheatern und zur sofortigen Einstellung
der Werbung für diesen Film". Die nicht mehr zu verhindernde
Aufführung an den bereits festgelegten Orten wurde streng reglementiert
(Laufzeit, Kopienanzahl). Um dem Film die Wirkung zu nehmen, sollten
andere "besonders publikumswirksame Filme" eingesetzt werden, wie
die US-amerikanischen Produktionen "Spartacus" und "In 80 Tagen um
die Welt". Vgl. SAPMO, DY 30/J IV 2/3-1194-57, Protokoll Nr. 57/66
der Sitzung des Sekretariats des ZK der SED vom 29.6.1966, Punkt 13,
Anlage 6. |
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26 |
Borkowski: In der Heimat
, 1990,
S. 164. |
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27 |
Otto Kummert: "Vielseitig und in ständiger
visueller Bewegung - das Filmplakat", in: Katalog des Wettbewerbs
100 beste Plakate 1982, Berlin 1982, S. 17/18, 18. |
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