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Das szenisch-illustrative Filmplakat
"Der kleine Muck"
Gleich das erste Plakat für den 1953 von Wolfgang Staudte in Szene
gesetzten Farbfilm "Die
Geschichte vom kleinen Muck", nach dem gleichnamigen Märchen von Wilhelm
Hauff, ist ein Paradebeispiel für die Verbindung von Szene und Porträt.
Der Plakatgestalter Kurt Geffers bediente sich dieser Bildform häufig. Er
war ein ausgesprochener Filmplakatkünstler, der viel für die DEFA, aber
in den ersten Nachkriegsjahren auch für westliche Filmverleihe gearbeitet
hat.08
Auf dem Plakat zum Staudte-Film schwebt über der Szene einer sich
auf einen Palast mit Kuppel und Minarett zubewegenden Kamelkarawane der
Kopf des kleinen Muck vor einer maurischen Bogeneinfassung. Die ornamental
gestalteten Lettern des Titels nehmen diesen Bezug auf. Die Karawanenszene
mag sich auf das Filmmotiv der Wanderschaft des kleinen Muck beziehen. Die
tricktechnischen Besonderheiten des Films thematisiert das farbenprächtige
Plakat dagegen nicht.
"Ernst Thälmann - Führer seiner Klasse"
Eindeutiger ist der Bezug auf eine bestimmte Filmszene in Bert Hellers
Plakat zu Kurt Maetzigs 1955 gedrehtem Film "Ernst
Thälmann - Führer seiner Klasse", zu dem Willi Bredel und Michael Tschesno-Hell
das Drehbuch schrieben. Dieser zweite Teil der Thälmann-Biographie09
umfaßt den Zeitraum von 1930 bis zur Ermordung des KPD-Vorsitzenden im Konzentrationslager
Buchenwald im August 1944.
Am Ende des Films steht die Hinrichtung Thälmanns: Er schreitet
aus den irdischen Mauern in den "roten Himmel" der Kommunisten, im Film
symbolisiert durch eine wehende rote Fahne. Im "Literarischen Szenarium"
von Bredel und Tschesno-Hell ist zu dieser Schlußszene zu lesen: "… Thälmann
und das SS-Kommando gehen durch den Korridor. Der SS-Kommandant wendet sich
an Thälmann und fragt: ›Sie wissen wohl, was kommt?‹ Thälmann: ›Ja, ein
besseres Deutschland! Ein Deutschland ohne Euch!‹ Der stolze feste Gang
Ernst Thälmanns beherrscht das Bild … Der Zuchthauskorridor verblaßt. Eine
rote Fahne weht ins Bild und wischt die SS-Leute hinweg. / Siegreich flattert
sie - die rote Fahne."10
Diese letzte Szene wird von dem Filmplakat imaginiert. Im Film ist der zur
Hinrichtung schreitende Thälmann ohne Mütze zu sehen, die als sein Erkennungszeichen
aber so elementar ist, daß Heller nicht auf sie verzichten kann. Thälmann
erscheint auf dem Plakat als heroische, überlebensgroße Gestalt. Heller
fügt außerdem eine Menschenmenge im Hintergrund hinzu, der Thälmann voranschreitet.
Die Plakatgestaltung spiegelt den im Film inszenierten Personenkult wider.
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1948 entwarf er z. B. für die
"Comedia-Film / A. E. Dietz FV" das Plakat zu der Produktion
"Berliner Ballade" mit Gert Fröbe. |
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Die Idee zu diesem Filmprojekt stammte
aus dem Jahr 1949. Die Textgrundlage lieferte Willi Bredels 1949 edierte
Thälmann-Biographie. Bredel war Spanienkämpfer und in der
UdSSR Mitbegründer des "Nationalkomitees Freies Deutschland".
Die Partei widmete dem Projekt größte Aufmerksamkeit, und
die SED-Führung sah die Umsetzung als "höchste Parteiaufgabe"
an. Ästhetische Vorbilder für diese Produktion stellten
die sowjetischen Stalinepen dar. Der erste Teil entstand 1954 und
trug den Titel "Ernst Thälmann - Sohn seiner Klasse".
Beide Filme wurden zur Pflichtveranstaltung für Millionen und
prägten sich ins Bewußtsein der Zuschauer ein. |
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10 |
Willi Bredel / Michael Tschesno-Hell:
Ernst Thälmann. Führer seiner Klasse - literarisches Szenarium,
Berlin(-Ost) 1955, S. 167 f. |
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