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Filmplakate der DEFA
Die Gestaltung der Filmplakate in der Sowjetischen
Besatzungszone (SBZ) und in der frühen DDR zeigt sich in erster Linie
recht konventionell. In den fünfziger Jahren überwogen die szenisch-illustrativen
Bildformen einschließlich deren Verbindung mit dem Porträt- oder sogenannten
Kopf-Plakat. Häufig findet man die Zusammenstellung von Porträt und Szene
als Großaufnahme und Ausschnitt. Einzelne Plakatkünstler, wie Werner Gottsmann,
John Heartfield und Klaus Wittkugel, arbeiteten allerdings bereits in
dieser Zeit mit Montagen, verbanden Photographie und Zeichnung und bezogen
die filmischen Effekte der Projektion und Überblendung in ihre Gestaltungen
ein. Derartige Verfahrensweisen, die schon in den zwanziger Jahren entwickelt
worden waren, sind - ebenso wie symbolisch-verweisende Bildformen - zunehmend
erst seit Ende der fünfziger Jahre zu finden.
Eine ebenso schlichte wie sinnige Formel könnte lauten: Ein gutes
Filmplakat ist ein wirkungsvolles Filmplakat, das heißt eines, das die
Menschen dazu anregt, sich den Film anzusehen. Welche Gestaltung garantiert
aber diese Wirkung? Eine gängige Auffassung besagt, daß "allen erfolgreichen
Kinoplakaten die Darstellung menschlicher Urszenen, emotionaler Ausnahmesituationen,
gemeinsam" sei,06
also die Visualisierung von Gefühlen wie Leidenschaft, Angst, Verzweiflung,
Wut etc. Und diese Darstellungen seien notwendigerweise naturalistisch,
um schnell verstanden zu werden. Hintergründiger Witz und Geistesreichtum
scheinen hier keinen Platz zu haben. Im Laufe seiner Geschichte hat das
Filmplakat tatsächlich relativ konstante Darstellungstechniken entwickelt,
die alle darauf abzielen, "unsere Vorstellungskraft durch die Aktivierung
von Gedächtnisspuren in Gang zu setzen".07
Nicht von der Hand zu weisen ist, daß künstlerisch anspruchsvoll gestaltete
Plakate, die sich einer weniger naturalistisch-szenischen, einer eher
verweisenden, abstrahierenden Formensprache bedienen, Gefahr laufen können,
nicht auf den ersten flüchtigen Blick verstanden zu werden. Doch letztlich
sind Filmplakate immer "Zeichen", insofern sie als statisches, zweidimensionales
Medium auf das transitorische, transparente Medium Film verweisen, für
es werben, auf es aufmerksam machen sollen. Sie versuchen dessen "Bedeutungskern"
zu visualisieren und arbeiten dabei häufig mit tradierten und auch zeitimmanenten
Leitbildern und Mythen, die dem Betrachter bekannt und vertraut sind und
ihn zur Identifikation anregen. Die Verdichtung des gleichsam fließenden
Mediums in ein stehendes Bild bedingt dabei Überzeichnungen und Zuspitzungen.
Die nachfolgende Typologie der DEFA-Filmplakate und der von "Progress"
in Auftrag gegebenen Plakate für ausländische Filme ist als Hilfsmittel
zu verstehen. Fast kein Plakat kommt in "Reinform" vor, sondern es verbinden
sich meist zwei oder auch mehrere Gestaltungstypen. Die vorgestellten
Beispiele zeigen zudem nur einen kleinen Ausschnitt aus dem Bestand der
Plakatsammlung des Deutschen Historischen Museums. Die notwendige Beschränkung
läßt naturgemäß viele interessante und bekannte Plakate außer acht, und
die Konzentration auf die Frage nach den Gestaltungskriterien der Plakate
bedingt zudem, daß wichtige und bekannte Filme nicht berücksichtigt werden
konnten, denn nicht immer korrespondieren die politische oder künstlerische
Bedeutung des Films mit der gestalterischen Qualität des Plakats.
Zu den herkömmlichsten Gestaltungsformen für Filmplakate gehören
das szenisch-illustrative und das Porträt- oder sogenannte Kopf-Plakat,
wobei es gerade hier häufig Überschneidungen gibt. Ferner lassen sich
typographisch dominierte Plakate ausmachen, die ebenfalls eine traditionelle
Bildform darstellen, denken wir nur an das berühmte Filmplakat für "Asphalt"
von 1929. Eine weitere Möglichkeit ist die der zeichenhaft-verweisenden
Gestaltung, der Nutzung von Montagen beziehungsweise der Verbindung von
Zeichnung und Photographie. Andere Plakate thematisieren das Medium Film
selbst, visualisieren die filmischen Techniken der Projektion und Überblendung.
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06 |
Pantel/Christ: 444 Filmplakate, 1993,
S. 12. |
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07 |
Wolfgang Beilenhoff / Martin Heller:
"Kartografie des Populären. Eine Einführung",
in: Beilenhoff/Heller: Das Filmplakat
, 1995, S. 31-58, 46. |
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