Im Sommer 1992
wurde ich vom Deutschen Historischen Museum gebeten, für
die Ausstellung "Lebensstationen in Deutschland" im
Zeughaus Unter den Linden die Räume zu gestalten. Ich war
interessiert, da das Thema der Ausstellung, das Leben des Menschen,
von der Geburt bis zum Tod, außerdem in verschiedenen Epochen
und Staatsgefügen Deutschlands, mir als Bühnenbildnerin
Stoff für viele gestalterische Ansatzpunkte geben würde.
In den folgenden Monaten habe ich mich,
in Zusammenarbeit mit Manfred Schneider, in das umfangreiche Material,
das zum großen Teil aus den Beständen des Museums stammt,
eingearbeitet und verschiedene Raumkonzepte entwickelt, um die
Exponate optisch zu gliedern und dem bestehenden Raum zuzuordnen.
Während des folgenden Entwurfsprozesses
wurde uns klar, daß wir zum einen die architektonische Gliederung
der Räume im Zeughaus nicht "zubauen" sollten,
zum anderen erkannten wir die Notwendigkeit, sowohl den jeweiligen
historischen Rahmen als auch die einzelnen "Lebensstationen"
als klar erkennbare Struktur durch die Gestaltung zu verdeutlichen.
Zusammen mit den Initiatorinnen der Ausstellung
erarbeiteten wir ein Raster, welches - je nach historischer Gegebenheit
variierend - den einzelnen "Zeiteinheiten" folgende
Chronologie zuordnet:
- Geburt
- Einschulung
- Erwachsenwerden
- Militär
- Heirat
- Rente
- Tod
- Arbeit: Die Stationen des Arbeitslebens nehmen hierbei auf mehrere
Lebensstationen Bezug.
Die vier Zeiteinheiten (Deutschland um 1900,
NS-Zeit, DDR, Bundesrepublik) werden durch Inszenierungen symbolisiert,
die eine Interpretation des jeweiligen Zeitgeistes erlebbar machen
sollen und unterschiedlich in Formgebung, Farbe und Beleuchtung
sind. Die einzelnen "Lebensstationen" sind klar unterscheidbare
Raumeinheiten, die das Material gliedern und das jeweils Wesentliche
unterstreichen sollen.
Aus dieser gemeinsamen Vorarbeit ergaben
sich die folgenden Grundlagen:
- Beachtung der räumlichen Gegebenheiten des Gebäudeteils
im Zeughaus, in dem die Ausstellung stattfindet
- Verdeutlichung des historisch-kulturellen Standpunktes der Epochen
durch die Ausstellungsarchitektur
- Gliederung der Ausstellung durch ein klares optisches Raster,
welches die Lebensstationen verdeutlicht.
Außerdem haben wir vereinzelt einige
"Ausstattungen" eingestreut, die dem Besucher die Möglichkeit
einer sinnlichen, optisch-räumlichen Erfahrung anbieten.
Diese Inszenierungen stehen in Bezug zum Inhalt der jeweiligen
Station.
So gibt es z.B.:
- einen "gemütlichen Sessel" in der Station "Alter
um 1900" (= das Alter hat noch einen Ort)
- das Rondell der Jugendbewegung um die Jahrhundertwende (Licht,
Bäume, Wind = Natur)
- ein "Fluchtloch" in der "Mauer"
- einen "destruktivistischen" Pavillon für "Ehe/
Familiengründung in der Bundesrepublik" (= kein klarer
Rahmen mehr, die Wände drohen zu stürzen)
- eine lange, um sechs Prozent ansteigende Rampe, die man sich
hinauf bemüht, um durch das Helden- oder Massengrab den Raum
des Hakenkreuz-Fragmentes, das das Dritte Reich symbolisiert,
zu verlassen.
Neben der Absicht,
klare Abschnitte zwischen den Lebensstationen zu schaffen, um
eine leichtere Orientierung und Vergleichbarkeit zu ermöglichen,
betonen wir durch die vielen Durchblicke und Freiräume den
offenen Charakter der Ausstellung. Durch den freien Umgang mit
historischen Symbolen und die theatralischen Räume geben
wir der Anordnung etwas Spielerisches: hier geordnetes Leben vor
gebend, dort bedrohend, dann bürokratisierend und verwirrend.
Bestimmte räumliche Positionen werden den jeweiligen Epochen
zugewiesen und folgendermaßen gestaltet: