|
Die Lebensformen
Vergleicht man auf der Basis des Familienstandes
die Befragten aus den westdeutschen Dienstleistungszentren mit
jenen in Leipzig, zeigt sich folgendes: In den westdeutschen Dienstleistungszentren
sind mehr als ein Drittel der Befragten ledig, jeder zehnte ist
geschieden, und circa 1,5 Prozent sind verwitwet. Werden hierzu
noch die circa 3 Prozent getrennt lebenden verheirateten Paare
hinzugezählt, hat man von durchschnittlich fast der Hälfte
der Einwohner auszugehen, die nicht in einer Ehe lebt. In der
ersten Ehe lebten von den Befragten knapp 47 Prozent und in einer
weiteren Ehe knapp fünf Prozent. Wird weiter überprüft,
inwieweit die Befragten mit Partnern zusammenleben, stellt sich
sowohl bei Ledigen als auch bei Geschiedenen und Verwitweten heraus,
daß der Anteil derjenigen, die sagen, sie würden ohne
einen Partner leben, den derjenigen, der mit einem Partner lebt,
weit überwiegt. Nicht, wie in den siebziger Jahren vermutet,
die Wohngemeinschaft, sondern das Alleinleben,
durchaus mit Partner, scheint in den großen urbanen Dienstleistungszentren
das alternative Lebensmodell zu Ehe und Familie zu sein.
|
|
Die entscheidenden Unterschiede zwischen
den alten und neuen Bundesländern in städtischen Regionen
sind vor allem in den unterschiedlichen Ledigenquoten zu sehen.
36 Prozent Ledigen in den westdeutschen Dienstleistungszentren
stehen in Leipzig nicht einmal 20 Prozent gegenüber, und
demgemäß ist trotz einer höheren Scheidungsquote
die Verheiratetenquote sowohl in erster als auch in weiteren Ehen
in Leipzig viel höher als in den westdeutschen Dienstleistungszentren.
Sie beträgt in erster Ehe immerhin knapp 65 Prozent.
Diese wenigen
Zahlen erlauben den Schluß, daß sich der Individualisierungsschub
in den urbanen Zentren der Bundesrepublik in den letzten zwanzig
Jahren nicht in gleicher Form in Leipzig und der gesamten früheren
DDR vollzogen hat. Das Verheiratetsein hat hier noch einen offensichtlich
höheren Stellenwert als in den Dienstleistungszentren Westdeutschlands.
In diesen Unterschieden drückt sich auch der strukturelle
Konservativismus der früheren sozialistischen Gesellschaft
aus.
|
|
Die Integration der Frauen
in das Erwerbsleben
Obwohl die Lebensformen in Leipzig im Vergleich
zu den westdeutschen Dienstleistungszentren betont konservativ
sind, ist entsprechend der früheren Politik der DDR die Integration
der Frauen in das Erwerbsleben weit vorangeschritten. Dabei ist
allerdings hervorzuheben, daß die Zahl der Teilzeitarbeitskräfte
in den letzten Jahren deutlich zurückgegangen ist, weil die
entsprechenden Arbeitsplätze abgebaut wurden. In Leipzig
sind zum Zeitpunkt der Untersuchung circa 70 Prozent der Frauen
erwerbstätig und circa 14 Prozent arbeitslos, wohingegen
in den westdeutschen Dienstleistungszentren lediglich 54 Prozent
berufstätig sind. Zwar ist die Erwerbsquote insgesamt in
Leipzig höher, doch variiert das Erwerbsverhalten bei den
Müttern aus den westdeutschen Dienstleistungszentren, im
Gegensatz zu Leipzig, in Abhängigkeit vom Alter des Kindes.
Wenn Kinder unter drei Jahren vorhanden sind, sind 62 Prozent
der Mütter aus den Dienstleistungszentren nicht erwerbstätig,
gegenüber knapp 30 Prozent, die erwerbstätig sind. Schon
bei den drei- bis fünfjährigen Kindern nimmt die Erwerbsquote
mit circa 54 Prozent zu, um bei den Schulkindern dann auf über
60 Prozent anzusteigen. Diese vom Lebensalter des Kindes abhängige
Erwerbsbeteiligung gibt es in den neuen Bundesländern und
damit auch in Leipzig nur im Zusammenhang des Babyjahres, das
zum Zeitpunkt der Erhebung etwa jeder zehnte Befragte in Anspruch
nahm.
Auch bei der
Arbeitszeit zeigt sich, daß das zeitliche Engagement im
Beruf in Abhängigkeit vom Lebensalter des jüngsten Kindes
variiert. Bei den jüngeren Kindern, das heißt, bei
den Kindern unter drei Jahren, gehen die erwerbstätigen Frauen
circa 27 Stunden pro Woche arbeiten, während die Erwerbsarbeitszeit
mit zunehmendem Alter der Kinder auf circa 32 Stunden ansteigt.
Auch diese altersabhängige Arbeitszeit findet sich in Leipzig
nicht oder doch nur in geringem Umfang. Bei den jüngeren
Kindern geben die erwerbstätigen Frauen circa 37 Stunden
Arbeitszeit an, während bei den älteren Kindern 39 bis
43 Stunden angegeben werden.
|
|
Diese Variation ist erheblich geringer als
in den westdeutschen Dienstleistungszentren. Dennoch ist die zeitliche
Belastung bei Kindern unter drei Jahren in den westdeutschen Dienstleistungszentren
und in Leipzig etwa gleich hoch, weil sich der Aufwand für
Hausarbeit, auch angesichts besserer Betreuungsmöglichkeiten
in Leipzig, offenbar nicht spürbar reduzieren läßt.
Sowohl in den westdeutschen Dienstleistungszentren als auch in
Leipzig geben die jungen Frauen an, für Beruf und Familie
insgesamt circa siebzig Wochenstunden aufzuwenden.
|
|
|