Durch das Nadelöhr
des Zugangs zum Gymnasium trat um 1900 nur ein geringer Prozentsatz
in das höhere Bildungssystem ein. Gegenüber 5,7 Millionen
Volksschülern gab es um die Jahrhundertwende nur 180.000
Gymnasiasten. Von diesen wiederum nahm nur jeder zehnte ein
Studium auf. 1902 gab es im Deutschen Reich 53 000 Studenten,
das sind 18 Studierende auf 10 000 männliche Einwohner.
Auch die Palette der Studienrichtungen war weitaus geringer
als heute: Jeder zehnte Student war im Fach Theologie immatrikuliert
(zum Vergleich: 1960 waren dies nur noch 2,5 Prozent).
Abgesehen von
der katholischen Theologie, die ein Kanal für sozialen
Aufstieg war, da hier nur vier Prozent der Väter bereits
Akademiker gewesen waren, stammten die Studenten überwiegend
aus dem akademisch gebildeten Bürger- und Beamtentum. Im
Vergleich zu ihrem Anteil an der Gesamtbevölkerung blieben
die privilegierten Schichten unter den Universitätsstudenten
außerordentlich überrepräsentiert.
Studieren war
also höchst exklusiv (und, zumindest bis 1908, an deutschen
Universitäten zudem ein Privileg der Männer). Aber
wer es bis zur Universität geschafft hatte, der hatte auf
der Karriereleiter die nächste Sprosse erklommen. Eine
wichtige Rolle spielten dabei die studentischen Verbindungen,
die über einflußreiche "Alte Herren" ihre
Mitglieder in begehrte Positionen einschleusten.