1951 lag die
durchschnittliche Lebenserwartung für Frauen bei 68,5 Jahren
und für Männer bei 64,5 Jahren. 1989 war sie auf 78,4
Jahre bei Frauen und auf 71,8 Jahre bei Männern gestiegen.
Von 1880 bis 1983 hat die Zahl der 85jährigen bei den Männern
um das neunfache und bei den Frauen um das 14fache zugenommen.
Die unterschiedlichen Lebenserwartungen von Frauen und Männern
haben dazu geführt, daß Frauen ihr Alter meist ohne
Ehemann verbringen. Jede zweite 70- bis 75jährige ist verwitwet;
70 Prozent der über 80jährigen sind Frauen.
1981/83 wurden von 100 Frauen mehr als die
Hälfte 80 Jahre alt und knapp ein Drittel 85 Jahre. Bei den
Männern erreichten 29 von 100 das Alter von 80 Jahre, und
14 wurden 85 Jahre alt. Die gestiegene Lebenserwartung hat die
Alten zu einer großen Gruppe der Bevölkerung gemacht
und zu einer neuen Einteilung des Alters geführt. Unterschieden
wird nun zwischen den "Jungen Alten" und "Alten
Alten", "Betagten" und "Hochbetagten"
(vgl. dazu den Beitrag von Arthur E. Imhof).
Die Vergrößerung der Gruppe der
alten Menschen in unserer Gesellschaft hat auch zu einer Differenzierung
dieser Gruppe nach ihrem Anteil am gesellschaftlichen Leben geführt.
Die große Gruppe der "aktiven Alten" wird mittlerweile
von etlichen Branchen als wichtige Konsumentengruppe umworben.
Beispielsweise bieten Reiseveranstalter für Senioren die
lang aufgeschobene Fernreise an; an Universitäten können
alte Menschen spezielle Studiengänge belegen. Das Alter wird
für den, der es sich leisten kann, als eine aktive Zeit propagiert,
in der vieles von dem bis dahin Versäumten nachgeholt werden
könne.
Im Gegensatz
zur gesellschaftlichen Beachtung der "aktiven Alten"
wird der immer größer werdenden Gruppe der pflegebedürftigen
"Hochbetagten" nur wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Aufgrund
der langen Lebenszeit, in der manche Menschen der Pflege bedürfen,
wird hier sogar von einer neuen Lebensphase, dem "vierten
Alter", gesprochen. Etwa 1,2 Millionen alte Menschen in der
Bundesrepublik sind auf Hilfe angewiesen. Davon wird die Hälfte
nicht in Heimen, sondern zu Hause von Angehörigen, zumeist
Frauen, betreut. Die Hälfte dieser pflegenden Frauen ist
selbst schon über 65 Jahre alt. Die Erhöhung der Lebenserwartung
hat dazu geführt, daß heute jeder davon ausgeht, daß
ihm für sein Leben die biologisch mögliche Lebenszeit
von 85 Jahren zur Verfügung steht. Unerwartetes beispielsweise
in Form eines frühen Todes kommt in den Lebensentwürfen,
die auf Wachstum angelegt sind, nicht mehr vor. Obwohl derzeit
die höchste Lebenserwartung in der Geschichte erreicht wird,
mißt man dem Alter als Lebensphase - im Verhältnis
zur großen Bedeutung der Jugendlichkeit - nur wenig Wert
bei.