Bundesrepublik Deutschland
Zeughaus Berlin, 26. März - 15. Juni 1993
 
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1951 lag die durchschnittliche Lebenserwartung für Frauen bei 68,5 Jahren und für Männer bei 64,5 Jahren. 1989 war sie auf 78,4 Jahre bei Frauen und auf 71,8 Jahre bei Männern gestiegen. Von 1880 bis 1983 hat die Zahl der 85jährigen bei den Männern um das neunfache und bei den Frauen um das 14fache zugenommen. Die unterschiedlichen Lebenserwartungen von Frauen und Männern haben dazu geführt, daß Frauen ihr Alter meist ohne Ehemann verbringen. Jede zweite 70- bis 75jährige ist verwitwet; 70 Prozent der über 80jährigen sind Frauen.

1981/83 wurden von 100 Frauen mehr als die Hälfte 80 Jahre alt und knapp ein Drittel 85 Jahre. Bei den Männern erreichten 29 von 100 das Alter von 80 Jahre, und 14 wurden 85 Jahre alt. Die gestiegene Lebenserwartung hat die Alten zu einer großen Gruppe der Bevölkerung gemacht und zu einer neuen Einteilung des Alters geführt. Unterschieden wird nun zwischen den "Jungen Alten" und "Alten Alten", "Betagten" und "Hochbetagten" (vgl. dazu den Beitrag von Arthur E. Imhof).

Die Vergrößerung der Gruppe der alten Menschen in unserer Gesellschaft hat auch zu einer Differenzierung dieser Gruppe nach ihrem Anteil am gesellschaftlichen Leben geführt. Die große Gruppe der "aktiven Alten" wird mittlerweile von etlichen Branchen als wichtige Konsumentengruppe umworben. Beispielsweise bieten Reiseveranstalter für Senioren die lang aufgeschobene Fernreise an; an Universitäten können alte Menschen spezielle Studiengänge belegen. Das Alter wird für den, der es sich leisten kann, als eine aktive Zeit propagiert, in der vieles von dem bis dahin Versäumten nachgeholt werden könne.

Im Gegensatz zur gesellschaftlichen Beachtung der "aktiven Alten" wird der immer größer werdenden Gruppe der pflegebedürftigen "Hochbetagten" nur wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Aufgrund der langen Lebenszeit, in der manche Menschen der Pflege bedürfen, wird hier sogar von einer neuen Lebensphase, dem "vierten Alter", gesprochen. Etwa 1,2 Millionen alte Menschen in der Bundesrepublik sind auf Hilfe angewiesen. Davon wird die Hälfte nicht in Heimen, sondern zu Hause von Angehörigen, zumeist Frauen, betreut. Die Hälfte dieser pflegenden Frauen ist selbst schon über 65 Jahre alt. Die Erhöhung der Lebenserwartung hat dazu geführt, daß heute jeder davon ausgeht, daß ihm für sein Leben die biologisch mögliche Lebenszeit von 85 Jahren zur Verfügung steht. Unerwartetes beispielsweise in Form eines frühen Todes kommt in den Lebensentwürfen, die auf Wachstum angelegt sind, nicht mehr vor. Obwohl derzeit die höchste Lebenserwartung in der Geschichte erreicht wird, mißt man dem Alter als Lebensphase - im Verhältnis zur großen Bedeutung der Jugendlichkeit - nur wenig Wert bei.

 

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