Eine solide Ausbildung
gilt in der Bundesrepublik als wichtige Voraussetzung für
einen erfolgreichen beruflichen Werdegang des Einzelnen und als
Basis einer florierenden Wirtschaft. Das Standes- und Selbstbewußtsein
der Angehörigen der verschiedenen Berufe beruht nicht zuletzt
auf der Tradition einer geschätzten und anerkannten Lehr-
und Ausbildungszeit.
Mit dem Berufsbildungsgesetz
von 1969, in dem eine einheitliche Regelung der Berufsbildung
getroffen wurde, wurde die Bezeichnung "Lehrling" durch
die neutraler klingende Bezeichnung "Auszubildender"
ersetzt. Die Veränderung der Begriffe sollte ein neues, demokratischeres,
weniger abhängiges Verhältnis vom "Lehrherrn",
der jetzt der "Ausbildende" hieß, signalisieren.
Die Zahl der Auszubildenden betrug 1985
in der Bundesrepublik 1,83 Millionen. 1966 waren 56,5 Prozent
der Lehrlinge in einem Ausbildungsverhältnis im Handel oder
in der Industrie beschäftigt gewesen. 1985 war der Anteil
auf 47 Prozent gesunken. Im Handwerk stieg der Prozentsatz der
Auszubildenden in den gleichen Jahren von 34 auf 37,5 Prozent.
Die Ausbildung von Lehrlingen blieb also auch im Handwerk relativ
konstant. Der Anteil von Jugendlichen, die eine Lehre im öffentlichen
Dienst oder in der Landwirtschaft machen, ist nur gering.
In Hinblick auf
eindeutig faßbare Stationen im Leben bilden Anfang und Ende
der Lehrzeit noch immer Markierungspunkte, wenn auch der Eintritt
in die Lehre nicht mehr den Eintritt ins Erwachsenenalter bezeichnet.
In manchen Handwerkerinnungen werden alte Traditionen, die den
Übergang in einen neuen Status begleitet hatten, wieder belebt.
Dazu gehört beispielsweise das "Gautschen" der
Drucker. Der angehende Geselle wird in einen Wasserbehälter
getaucht, und anschließend erhält er den Gautschbrief,
womit er in die Gilde aufgenommen wird.