Bundesrepublik Deutschland
Zeughaus Berlin, 26. März - 15. Juni 1993
 
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Die Bildungsreform der sechziger und siebziger Jahre hat zu einem starken Wandel in der Jugendphase geführt. Immer mehr Jugendliche bleiben länger im Schul- und Ausbildungssystem. Die Bildungsreform sollte dazu beitragen, daß Kinder aus Schichten mit niedrigem Einkommen und geringem Bildungsstand eine höhere Schulbildung erhielten und ein Studium aufnehmen konnten. Und tatsächlich hat die Expansion des Gymnasiums sozial benachteiligten Kindern neue Chancen eröffnet: Der Anteil der Gymnasiasten, die aus Arbeiterfamilien stammen, stieg zwischen 1965 und 1982 von weniger als 6 Prozent auf immerhin 8,5 Prozent. Dabei muß man aber bedenken, daß der Anteil der Gymnasiasten an den Schülern generell expandierte und zugleich auch der Anteil der Kinder aus den Schichten, die immer schon im Gymnasium vertreten waren, zugenommen hat. Das bedeutet: Etwa jedes 10. Arbeiterkind besucht heute das Gymnasium, aber jedes 2. Kind aus einer Beamtenfamilie. An der Universität sieht es ähnlich aus; die Bildungsbenachteiligung von Arbeiterkindern ist auch hier abgebaut worden, aber keineswegs insgesamt beseitigt. Aufgrund der Bildungsexpansion hat sich die Situation an den Schulen und Hochschulen grundlegend gewandelt: 1950 hatten nur 3 Prozent eines Altersjahrgangs ihre Schulbildung mit einer Zulassung zum Besuch einer Hochschule abgeschlossen; 1980 waren es bereits 30 Prozent, und 1990 erwarben 34 Prozent aller Schüler die Hochschulreife. Am ehesten hat der Prozeß der Chancengleichheit für die Mädchen stattgefunden, die man als die eigentlichen Gewinner der Reform bezeichnen kann. 1967 hatten noch 80 Prozent der Mädchen unter 18 Jahren keine Schulbildung über das 14. Lebensjahr hinaus erhalten, nicht zuletzt aufgrund der verbreiteten Meinung, "daß sie ja sowieso mal heiraten". Mittlerweile haben die Mädchen die Jungen überholt: Bereits 1978 gingen 52 Prozent der Mädchen auf eine weiterführende Schule, aber nur 45 Prozent der Jungen. Und 1986 machte der Anteil der Studentinnen an den Studierenden der Hochschulen schon 40 Prozent aus.

Die längeren Ausbildungszeiten einer akademischen Laufbahn haben sich auf die Lebensführung der jugendlichen nachhaltig ausgewirkt. Sie beginnen meist sehr viel später als Jugendliche in anderen Berufszweigen, eine eigene Familie zu gründen.

 

Exponat
     
       
       
       
             
 
 
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