Chronik 1915

JANUAR
  • 4. 1.
    Tod des Historienmalers Anton von Werner in Berlin.
  • 10. 1.
    In einer Note an die USA betont die britische Regierung, an der Handelsblockade der Mittelmächte festhalten zu wollen.
  • 13. 1.
    Stephan Freiherr Burián von Rajecz (1851-1922) wird neuer Außenminister von Österreich-Ungarn.
  • Schweres Erdbeben zerstört weite Teile Süd- und Mittelitaliens, ca. 30.000 Tote.
  • 18. - 24. 1.
    "Reichswollwoche": Sammlung von warmer Unterkleidung für die deutschen Truppen.
  • 19. 1.
    Drei deutsche Marineluftschiffe greifen erstmals die britische Ostküste an.
  • 24. 1.
    Bei einem Seegefecht an der Doggerbank zwischen deutschen und britischen Schlachtkreuzern wird der Panzerkreuzer "Blücher" versenkt.
  • 25. 1.
    Der Deutsche Bundesrat rät zu sparsamem Nahrungsmittelverbrauch.  
FEBRUAR
  • 1. 2.
    Reichskanzler Theobald von Bethmann Hollweg gibt seine Zustimmung zum Einsatz von U-Booten im Handelskrieg.
  • Die Finanzminister der Alliierten einigen sich in Paris auf gemeinsame Maßnahmen zur Kriegsfinanzierung. Russland werden zusätzliche Kredite versprochen.
  • 3. 2.
    In Sarajevo werden drei der am Attentat auf den österreich-ungarischen Thronfolger Erzherzog Franz Ferdinand beteiligten Personen hingerichtet. Der Todesschütze, Gavrilo Princip (1894-1918), wird wegen seines jugendlichen Alters nicht zum Tode verurteilt.
  • 4. - 22. 2.
    Winterschlacht in Masuren: Die geschlagenen russischen Truppen räumen bis Ende Februar ganz Ostpreußen.
  • 12. 2.
    Nachdem Deutschland das Seegebiet um die Britischen Inseln zum Kriegsgebiet erklärt hat, warnen die USA vor Angriffen auf amerikanische und neutrale Schiffe.
  • 13. 2.
    Der Bundesrat beschließt die Beschlagnahme der Hafervorräte.
  • 16. 2.
    Mit einem erfolglosen Durchbruchsversuch französischer Truppen beginnt die verlustreiche Schlacht in der Champagne, bei der die französische Offensive steckenbleibt.
  • 18. 2.
    Verschärfung der britischen Blockade gegen neutrale Schiffe.
  • 22. 2.
    Beginn des U-Boot-Kriegs gegen Handelsschiffe als Vergeltung gegen die britische Blockade der deutschen Seehäfen.
  • 25. 2.
    Der Bundesrat beschließt die Einschränkung des Autoverkehrs, um Rohstoffe zu sparen.  
MÄRZ
  • 3. 3.
    Premiere von D. W. Griffiths (1875-1948) Monumentalfilm "The Birth of a Nation" in New York.
  • 4. 3.
    Russland erklärt die Annexion von Konstantinopel (heute: Istanbul) und die Kontrolle der Dardanellen als Kriegsziel.
  • 10. 3.
    Erste Petition der sechs Wirtschaftsverbände an Reichskanzler Bethmann Hollweg fordert weitreichende Kriegsziele.
  • 18. 3.
    Durchbruchsversuch britisch-französischer Seestreitkräfte durch die Dardanellen scheitert unter erheblichen Verlusten.
  • 20. 3.
    Karl Liebknecht und Otto Rühle (1874-1943), Abgeordnete der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD), stimmen im Reichstag gegen weitere Kriegskredite. Zudem bleiben 30 sozialdemokratische Abgeordnete der Abstimmung fern.
  • 26. - 28. 3.
    Die Internationale Sozialistische Frauenkonferenz in Bern fordert zum Massenprotest aller Arbeiterfrauen gegen den Krieg auf.  
APRIL
  • 1. 4.
    Walther Rathenau tritt als Leiter der Kriegsrohstoffabteilung des Kriegsministeriums zurück.
  • 20. 4.
    Der britische Schatzkanzler David Lloyd George kritisiert die unzureichende Munitionsproduktion.
  • 22. 4.
    Beginn der zweiten Ypern-Schlacht: Deutsche Truppen verwenden erstmals Giftgas.
  • 25. 4.
    Britische und französische Truppen landen auf der Halbinsel Gallipoli, um den alliierten Truppen den Weg nach Konstantinopel zu öffnen. Der Durchbruch gelingt jedoch nicht.
  • 26. 4.
    "Londoner Geheimvertrag" der Entente mit Italien, das den Kriegseintritt gegen Zusicherung von erheblichen Territorialgewinnen zusagt (Südtirol, Istrien, große Teile Dalmatiens sowie das Protektorat über Albanien).
  • Deutscher Vorstoß nach Litauen und Kurland beginnt.
  • 27. 4.
    Tod des Komponisten Alexander Skrjabin (1872-1915) in Moskau.
  • 28. 4. - 1. 5.
    Erster Internationaler Frauenfriedenskongress in Den Haag: Gründung des Internationalen Frauenausschusses für dauernden Frieden.  
MAI
  • 1. - 3. 5.
    Durchbruchsschlacht deutscher und österreich-ungarischer Truppen unter August von Mackensen in den Karpaten leitet eine bis September dauernde Offensive mit großem Geländegewinn ein.
  • 5. 5.
    Der Alldeutsche Verband fordert in einer Kriegszieleingabe die Annexion des Baltikums.
  • 7. 5.
    Die Versenkung des britischen Passagierschiffes "Lusitania" durch ein deutsches U-Boot fordert 1.200 Tote (darunter 139 Amerikaner).
  • 12. 5.
    Deutsche Industrielle unter Führung des Krupp-Direktors Alfred Hugenberg fordern weitreichende Annexionen im Osten und Westen.
  • 13. 5.
    Die US-Regierung verlangt in einer Protestnote die Einstellung des U-Boot-Kriegs.
  • Mit großen Kundgebungen in Rom und Mailand schüren der nationalistische Dichter Gabriele d'Annunzio (1863-1938) und Benito Mussolini die Kriegsstimmung. Unter diesem Druck lehnt Giovanni Giolitti als Führer der Neutralitätsbefürworter eine Regierungsbildung ab, die kriegsbereite Regierung Salandra bleibt im Amt.
  • 23. 5.
    Italienische Kriegserklärung an Österreich-Ungarn.
  • 26. 5.
    Mit einer Kabinettsumbildung formiert Herbert H. Asquith eine nationale Regierung, in der mit Arthur Henderson (1863-1935) erstmals ein Sozialist zum Minister ernannt wird. Winston Churchill wird wegen der gescheiterten Dardanellenoffensive als Erster Lordadmiral abgelöst.  
JUNI
  • 5. 6.
    Kaiser Wilhelm II. ordnet in einem Geheimbefehl die Einschränkung des U-Boot-Kriegs an.
  • Verfassungsreformgesetz führt das Wahlrecht für Frauen in Dänemark ein.
  • 9. 6.
    Etwa 1.000 SPD- und Gewerkschaftsfunktionäre fordern die Parteiführung auf, sie solle die sofortige Beendigung des Kriegs verlangen.
  • Der amerikanische Außenminister William Bryan (1860-1925) erklärt seinen Rücktritt, weil er die zweite "Lusitania"-Protestnote gegen Deutschland als zu scharf ablehnt.
  • 10. 6.
    Die russischen Wirtschaftsverbände beschließen zur besseren Koordination der Rüstung Kriegsindustriekomitees.
  • 19. 6.
    Die SPD-Politiker Karl Kautsky, Eduard Bernstein und Hugo Haase fordern ihre Partei auf, den "Burgfrieden" aufzukündigen.
  • 20. 6.
    Denkschrift von Hochschullehrern, Beamten und Künstlern mit weitreichenden Kriegszielen.
  • Tod des Industriellen Emil Rathenau in Berlin.
  • 22. 6.
    Österreichische Truppen erobern Lemberg (heute: Lwiw, Ukraine) zurück.
  • 25. 6.
    In einer Eingabe des Partei- und Fraktionsvorstands der SPD wird mit dem Hinweis auf den Wirtschaftsaufschwung des Deutschen Reichs in seinen bisherigen Grenzen der Verzicht von Annexionen gefordert.  
JULI
  • 1. 7.
    Ostoffensive der Mittelmächte in Polen beginnt mit großem Erfolg.
  • 7. 7.
    In Calais beschließt der alliierte Kriegsrat, zur Entlastung der russischen Front mehrere Offensiven in Frankreich und Italien zu eröffnen.
  • 9. 7.
    Sogenannte Intellektuelleneingabe mit 141 Unterschriften namhafter Persönlichkeiten, unter ihnen Albert Einstein, Max Weber, Ludwig Quidde und Gustav Schmoller (1838-1917), verwirft die "Einverleibung oder Angliederung politisch selbständiger und an Selbständigkeit gewöhnter Völker", lässt aber offen, welche Gebiete damit gemeint sind.
  • Kapitulation der deutschen Schutztruppen in Deutsch-Südwestafrika.
  • Mit dem Registrierungsgesetz sollen alle Arbeitskräfte in Großbritannien im Alter von 15 bis 65 Jahre erfasst werden.
  • 18. - 28. 7.
    In der zweiten Isonzoschlacht versuchen italienische Truppen vergeblich, nach Triest durchzubrechen.
  • 23. 7.
    Verordnung gegen Preiswucher bei Lebensmitteln. Im Vergleich zum Vorjahr haben sich die Preise verdoppelt.  
AUGUST
  • 4. 8.
    Der französische Präsident Raymond Poincaré betont die Entschlossenheit, den Krieg bis zum Sieg fortzuführen.
  • 5. 8.
    Warschau wird von der deutschen 9. Armee besetzt.
  • 9. 8.
    Die bürgerlichen Parteien im russischen Parlament schließen sich zum "progressiven Block" zusammen und fordern eine neue Regierung sowie Reformmaßnahmen.
  • 16. 8.
    Parteiausschuss und Reichstagsfraktion der SPD wenden sich gegen "alle auf Schwächung und Zertrümmerung Österreichs-Ungarns gerichteten Ziele" der Entente.
  • 19. 8.
    In einer kämpferischen Rede verkündet Reichskanzler Bethmann Hollweg Siegeszuversicht und weitgehende Kriegsziele. Die Rede wird von den bürgerlichen Parteien mit großer Begeisterung aufgenommen.
  • Bei der Versenkung des englischen Passagierdampfers "Arabic" durch deutsche U-Boote sind zwei Amerikaner unter den Opfern.
  • 20. 8.
    Der Reichstag verabschiedet einen neuen Kriegskredit von 10 Milliarden Reichsmark.
  • Tod des Mediziners Paul Ehrlich in Bad Homburg.
  • 25. 8.
    Die Militärverwaltung Ober-Ost unter Paul von Hindenburg und Erich Ludendorff setzt einen Generalgouverneur für das unter deutscher Verwaltung stehende nördliche Kongresspolen ein.
  • Besetzung von Brest-Litowsk durch die Truppen der Mittelmächte.  
SEPTEMBER
  • 1. 9.
    Gründung des "Deutschen Künstlerhilfsbundes" zur Unterstützung heimkehrender Künstler.
  • 5. - 8. 9.
    Internationale Sozialistenkonferenz in Zimmerwald (Schweiz), bei der sich die Delegierten gegen die "Burgfriedenspolitik" der sozialdemokratischen Parteien in den kriegführenden Ländern wenden.
  • 5. 9.
    Zar Nikolaus II. übernimmt den Oberbefehl über die gesamte russische Armee.
  • 6. 9.
    Freundschafts- und Bündnisvertrag der Mittelmächte mit Bulgarien, das sich zum Kriegseintritt gegen Serbien verpflichtet.
  • 8. 9.
    Höhenflugrekord für einsitzige Flugzeuge durch einen Schweizer Flieger (6.600 m).
  • 18. 9.
    Einschränkung des U-Boot-Handelskriegs als Anwort auf den drohenden Kriegseintritt der Vereinigten Staaten.
  • 22. 9. - 6. 11.
    Französische Offensive in der Champagne mit massivem Materialeinsatz scheitert.
  • 27. 9.
    Generalversammlung des Allgemeinen Deutschen Frauenvereins in Leipzig steht im Zeichen der Kriegsunterstützung.
  • 29. 9.
    US-Präsident Woodrow Wilson stimmt umfangreichen Krediten an Frankreich und Großbritannien zu.  
OKTOBER
  • 2. 10.
    Der Parteivorstand der SPD distanziert sich von den Beschlüssen der Internationalen Sozialistenkonferenz.
  • 5. 10.
    Zur Unterstützung Serbiens landen alliierte Truppen im neutralen Griechenland.
  • 6. 10.
    Beginn der Offensive deutscher und österreich-ungarischer Truppen gegen Serbien.
  • 9. 10.
    Eroberung von Belgrad durch die Mittelmächte.
  • 14. 10.
    Kriegseintritt Bulgariens auf seiten der Mittelmächte in der Hoffnung, Mazedonien zu gewinnen.
  • 15. 10.
    Die USA beschließen eine Aufstockung ihrer Armee um 100.000 Mann und die Verstärkung der Flotte.
  • 15. - 20. 10.
    Kriegserklärung der Alliierten an Bulgarien.
  • 20. 10.
    Uraufführung der Tondichtung "Eine Alpensymphonie" von Richard Strauss in Dresden.
  • 29. 10.
    Rücktritt des französischen Ministerpräsidenten René Viviani (1891-1980). Sein Nachfolger wird Aristide Briand, der eine Allparteienregierung leitet.  
NOVEMBER
  • 4. 11.
    Um Wucher und Überteuerung zu beenden, beschließt der Bundesrat Höchstpreise sowie ein Verkaufsverbot von Milch und Fleisch an Dienstagen und Freitagen.
  • 8. 11.
    Der italienische Dampfer "Ancona" wird von einem österreich-ungarischen U-Boot versenkt, 208 Passagiere sterben.
  • 10. 11.
    Einführung von Höchstpreisen für Gemüse, Obst und Honig.
  • 15. 11.
    In Berlin werden erstmals Bezugskarten für Milch ausgegeben.
  • 24. 11.
    Eroberung Serbiens abgeschlossen. Rückzug der serbischen Armee nach Albanien, von dort über Korfu nach Saloniki.
  • 30. 11.
    Italien tritt dem Londoner Vertrag bei und verpflichtet sich, keinen Seperatfrieden zu schließen.  
DEZEMBER
  • 1. 12.
    Die SPD-Fraktion beschließt, Reichskanzler Bethmann Hollweg in einer offiziellen Anfrage um die Bekanntgabe der deutschen Voraussetzungen für die Aufnahme von Friedensverhandlungen zu bitten.
  • 3. 12.
    General Joseph Joffre übernimmt den Oberbefehl über die gesamte französische Armee.
  • 6. - 8. 12.
    Auf der Chantilly-Konferenz vereinbaren die Alliierten, mit gleichzeitigen Offensiven an allen Fronten die Kriegsentscheidung zu erzwingen.
  • 9. 12.
    Die bürgerlichen Parteien lehnen die von der SPD geforderte Aufnahme von Friedensverhandlungen ab.
  • 12. 12.
    Jungfernflug des von Hugo Junkers entwickelten ersten Ganzmetallflugzeugs "Junkers J1".
  • 18. 12.
    Gründung der "Genossenschaft zur Verwertung musikalischer Aufführungsrechte" (GEMA).
  • 20. 12.
    Haase legt sein Amt als Vorsitzender der SPD-Reichstagsfraktions nieder, da er die erneute Bewilligung von Kriegskrediten ablehnt.
  • 21. 12.
    Im Reichstag stimmen 20 SPD-Abgeordnete gegen die Kriegskredite, 22 bleiben der Abstimmung fern.  
AUSSERDEM:
  • Alfred Döblin: Die drei Sprünge des Wang-Lun (Roman)
  • Klabund: Moreau (Roman)
  • Franz Werfel (1890-1945): Nicht der Mörder, der Ermordete ist schuldig (Novelle, erschienen 1920)
Dorlis Blume/Martin Winter
31. August 2014

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