Chronik 1920

JANUAR
  • 3. 1.
    Im Ruhrgebiet und in Schlesien beginnen Streiks von Eisenbahnern für Teuerungszuschläge von 100 bis 175 Prozent. Bergarbeiter fordern die Einführung der Sechs-Stunden-Schicht. Nach Verhängung des Ausnahmezustands endet der Streik am 14. Januar mit geringen Zugeständnissen der Arbeitnehmer.
  • 5. 1.
    Der amerikanische Nationalheld George Herman ("Babe") Ruth (1895-1948) wechselt für die bis dahin höchste Ablösesumme im Baseball von 125.000 Dollar von den Boston Red Sox zu den New York Yankees.
  • 6. 1.
    Tod des österreichischen Politikers Heinrich Lammasch in Salzburg.
  • 10. 1.
    Der Friedensvertrag von Versailles tritt in Kraft. Durch Gebietsabtretung wird u.a. der sogenannte Polnische Korridor geschaffen, der Polen den Zugang zur See eröffnet. Danzig und das Memelland werden vom Deutschen Reich abgetrennt und unter den Schutz des Völkerbunds gestellt. Im besetzten Rheinland übt die Interalliierte Hohe Kommission die Hoheitsbefugnisse aus, das Saarland wird dem Völkerbund unterstellt.
  • Beginn der Repatriierung der Kriegsgefangenen sowie heimkehrender Deutscher aus den ehemaligen Kolonien.
  • 13. 1.
    Massendemonstration der Unabhängigen Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (USPD) sowie der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD) gegen die geplante Verabschiedung des Betriebsrätegesetzes vor dem Reichstag. Die preußische Sicherheitspolizei schießt in die Menge, 42 Menschen kommen ums Leben.
  • 16. 1.
    Konstituierende Sitzung des Völkerbundrats in Paris.
  • In den USA tritt die "Prohibition" als 18. Verfassungszusatz in Kraft: Herstellung, Konsum und Vertrieb alkoholischer Getränke sind verboten.
  • Anton Graf von Arco auf Valley (1897-1945), der Mörder des bayerischen Ministerpräsidenten Kurt Eisner, wird zum Tode verurteilt. Während des Prozesses demonstrieren antisemitische Studenten an der Münchner Universität für eine Begnadigung Arcos. Sie bezeichnen Eisner als Symbolfigur des "jüdischen Bolschewismus". Die bayerische Regierung begnadigt Arco einen Tag später zu lebenslanger Freiheitsstrafe.
  • 17. 1.
    In Frankreich wählt die Nationalversammlung den nationalistischen Politiker Paul Deschanel(1856-1922) zum Nachfolger von Staatspräsident Raymond Poincaré. Der amtierende Ministerpräsident Georges Clemenceau, der gegen Deschanel angetreten war, erklärt seinen Rücktritt. Neuer Ministerpräsident wird der nationalistische Politiker Alexandre Millerand (1859-1943).
  • 18. 1.
    Die deutsche Nationalversammlung verabschiedet das Betriebsrätegesetz. Es beschränkt die Tätigkeit der Betriebsräte auf soziale Funktionen und sieht keine betriebswirtschaftliche Mitbestimmung vor.
  • 19. 1.
    Beginn des Prozesses gegen den deutschnationalen Politiker Karl Helfferich. Dieser hatte im Sommer 1919 den Vizekanzler und Reichsfinanzminister Matthias Erzberger (Zentrum) der Verquickung von politischer Tätigkeit und eigenen finanziellen Interessen beschuldigt. Erzberger stellte daraufhin Strafantrag wegen Beleidigung.
  • 22. 1.
    Unter Berufung auf ihre Neutralitätspolitik verweigert die niederländische Regierung die von den Alliierten geforderte Auslieferung des Ex-Kaisers Wilhelm II.
  • 24. 1.
    Die internationale Reparationskommission nimmt gemäß den Bestimmungen des Versailler Vertrags ihre Arbeit auf. Sie soll bis Mai 1921 die Höhe der vom Deutschen Reich zu zahlenden Reparationen feststellen. Vorerst war von Leistungen im Wert von 20 Milliarden Goldmark ausgegangen worden.
  • 25. 1.
    Tod des italienischen Malers Amedeo Modigliani (1884-1920) in Paris.
  • 26. 1.
    Vizekanzler und Reichsfinanzminister Matthias Erzberger wird bei einem Attentat durch einen Schuss verletzt. Der Täter, Oltwig von Hischfeld, nennt "nationalistische Interessen" als Motiv. Erzberger gilt bei der Rechten als "Vaterlandsverräter".
FEBRUAR
  • 2. 2.
    Die sowjetische Regierung erkennt die Unabhängigkeit von Estland an.
  • 3. 2.
    Gemäß dem Versailler Vertrag fordern die Alliierten die Auslieferung von 895 deutschen Politikern und Militärs, unter ihnen Theobald von Bethmann Hollweg, Paul von Hindenburg und Erich Ludendorff.
  • 5. 2.
    Die Reichsregierung lehnt die Auslieferung ab. Sie bietet die Einleitung eigener Ermittlungsverfahren an. Nach erfolgter Zustimmung werden am 24. März in Leipzig zwölf wenig prominente Angeklagte vor Gericht gestellt.
  • 8. 2.
    Tod des Schriftstellers Richard Dehmel in Blankenese bei Hamburg.
  • 10. 2.
    Im ersten vom Versailler Vertrag festgelegten Plebiszit votieren in der ersten Abstimmungszone von Nordschleswig 74,2 Prozent der Bevölkerung für den Anschluss an Dänemark. Die Einwohner der zweiten Zone stimmen am 14. März für den Verbleib bei Deutschland.
  • 12. 2.
    Der Oberste Rat der Alliierten verlängert die Fristen für die im Versailler Vertrag festgelegte Heeresverkleinerung des Deutschen Reiches auf 200.000 Mann bis zum 10. April und auf 100.000 Mann bis zum 10. Juli 1920.
  • 20. 2.
    Tod des amerikanischen Polarforschers Robert Edwin Peary (1856-1920) in Washington.
  • 21. 2.
    Für den Anschlag auf Reichsfinanzminister Erzberger wird Hirschfeld zu einer 18monatigen Freiheitsstrafe verurteilt.
  • 23. 2.
    Der frühere französische Staatspräsident Poincaré übernimmt den Vorsitz der alliierten Reparationskommission. Poincaré vertritt eine unnachgiebige Haltung gegenüber Deutschland.
  • 24. 2.
    Adolf Hitler, Propagandaleiter der Deutschen Arbeiterpartei (DAP), verkündet auf einer Veranstaltung in München das Parteiprogramm der DAP, die sich wenig später in Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei (NSDAP) umbenennt. Vor 2.000 Zuhörern erläutert er das 25 Punkte zählende Programm, das u.a. die Aufhebung des Versailler Vertrags und die Aberkennung der deutschen Staatsbürgerschaft für Juden fordert.
  • 26. 2.
    Aufgrund der schwierigen Versorgungslage in Italien wird die Zuteilung von Brot, Öl und Fleisch rationiert, Zuckerbäckerei wird ganz verboten.
  • 27. 2.
    Uraufführung des Films "Das Cabinet des Dr. Caligari" von Robert Wiene (1873-1938).
  • 29. 2.
    Auf Drängen der Alliierten ordnet Reichswehrminister Gustav Noske (SPD) die Auflösung der Freikorps Ehrhardt und Löwenfeld an. Der als "Vater der Freikorps" bekannte General Walther Freiherr von Lüttwitz, dem seit Frühjahr 1919 alle Truppen östlich der Elbe sowie die Verbände in Sachsen, Thüringen und Hannover unterstehen, widersetzt sich der Anordnung Noskes.
MÄRZ
  • 1. 3.
    Miklós Horthy (1868-1957) wird zum Reichsverweser in Ungarn ernannt. Er bezeichnet die ungarische Staatsform als "Monarchie mit vakantem Thron".
  • 4. 3.
    Umbenennung der Deutschen Arbeiterpartei (DAP) in Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei (NSDAP).
  • 9. 3.
    Uraufführung des Films "Kohlhiesels Töchter" von Ernst Lubitsch in Berlin.
  • 10. 3.
    General Lüttwitz fordert ultimativ den Verzicht auf weitere Truppenentlassungen und zugleich den Rücktritt des Reichspräsidenten Friedrich Ebert.
  • 11. 3.
    Reichswehrminister Noske verfügt die Beurlaubung von General Lüttwitz.
  • 12. 3.
    Urteil im "Erzberger-Helfferich-Prozess": Helfferich wird zu einer niedrigen Geldstrafe verurteilt. Die Aussagen und Vorwürfe im Prozessverlauf diskreditieren Erzberger so sehr, dass er kurz darauf von seinen Regierungsämtern zurücktritt.
  • 13. 3.
    Unter der Führung von Lüttwitz besetzt die Marinebrigade Ehrhardt das Berliner Regierungsviertel. Sein Staatsstreich wird als Lüttwitz-Kapp-Putsch bekannt.
  • Mit Ausnahme von General Walther Reinhardt (1872-1930), Chef der Heeresleitung, lehnt die Reichswehrführung unter der Leitung von Hans von Seeckt jede militärische Maßnahme gegen die Putschisten ab.
  • Mit Unterstützung von General Lüttwitz erklärt sich der Jurist und Politiker Wolfgang Kapp zum neuen Reichskanzler. Reichspräsident Ebert und die sozialdemokratischen Minister der Reichsregierung proklamieren den Generalstreik. Die USPD, die KPD, die DDP und die Gewerkschaften fordern später jeweils gesondert zum Generalstreik gegen die Putschisten auf. Die Ministerialbürokratie versperrt sich den Putschisten.
  • Ein Teil der verfassungsmäßigen Reichsregierung weicht nach Dresden, später nach Stuttgart aus.
  • In Bayern gelingt der Umsturz: Nach einem Ultimatum der Militärs tritt die SPD-Regierung zurück. Gustav Ritter von Kahr bildet eine neue rechtsgerichtete Regierung.
  • 14. 3.
    Im südlichen Teil des Abstimmungsgebiets in Nordschleswig votieren 81 Prozent der Bevölkerung für den Verbleib im Deutschen Reich. Die neue deutsch-dänische Grenze wird am 26. Mai festgelegt.
  • 15. 3.
    Im Ruhrgebiet bilden links eingestellte Arbeiter die sogenannte Rote Ruhrarmee, um in einem Aufstand gegen die putschenden Freikorps und sympathisierende Teile der Reichswehr zu kämpfen. In zahlreichen Städten bilden vor allem USPD und KPD sogenannte Vollzugsräte.
  • 16. 3.
    Zwölf Millionen Arbeiter beteiligen sich reichsweit am Generalstreik der Gewerkschaften.
  • 17. 3.
    Kapp gibt seinen Rücktritt als Reichskanzler bekannt. Im April reist er ungehindert mit einem Flugzeug nach Schweden. Lüttwitz begibt sich zunächst unbehelligt nach Sachsen, um anschließend nach Ungarn auszureisen. Nach seiner Rückkehr in das Deutsche Reich 1923 sieht die Regierung von einer Anklageerhebung ab.
  • Als Bedingung für die Beendigung des Generalstreiks fordern die Gewerkschaften u.a. den Rücktritt von Reichswehrminister Noske.
  • Einheiten der Roten Ruhrarmee besiegen das Freikorps Lichtschlag und besetzen Dortmund.
  • 18. 3.
    Debatte in der deutschen Nationalversammlung über die politische Lage nach dem Lüttwitz-Kapp-Putsch. Heftige Kritik auch aus Reihen der SPD an Noske wegen seiner militärfreundlichen Politik.
  • 20. 3.
    Rückkehr der Nationalversammlung von Stuttgart nach Berlin.
  • In Essen erfolgt die Bildung eines Zentralrats der Arbeiterräte, die in Teilen des Ruhrgebiets die Macht übernommen haben.
  • 22. 3.
    USPD, KPD und der Allgemeine Deutsche Gewerkschaftsbund (ADGB) erklären den Generalstreik für beendet.
  • Rücktritt Noskes und des regierungstreuen General Reinhardt. Neuer Reichswehrminister wird Otto Geßler (DDP), neuer Chef der Heeresleitung Seeckt.
  • 23. 3.
    Trotz des Aufrufs der Generalstreikleitung vom 22. März wird die Arbeit zum größten Teil nicht wieder aufgenommen. Die Reichsregierung nimmt mit Vertretern der Arbeiterräte Verhandlungen auf.
  • 24. 3.
    Die Reichsregierung fordert ultimativ bis zum 30. März das Ende der Aufstände im Ruhrgebiet. Das Ultimatum wird wenig später bis zum 2. April verlängert.
  • 25. 3.
    Rücktritt der Reichsregierung unter Gustav Bauer (SPD) sowie der preußischen Regierung.
  • 26. 3.
    sReichspräsident Ebert beauftragt den SPD-Politiker Hermann Müller mit der Bildung einer neuen Reichsregierung (Koalition aus Sozialdemokratischer Partei Deutschlands (SPD), Deutscher Demokratischer Partei (DDP) und Zentrum). In Preußen kommt es unter Ministerpräsident Otto Braun (SPD) ebenfalls zu einer Regierungskoalition aus SPD, DDP und Zentrum.
APRIL
  • 2. 4.
    Nach Ablauf des Ultimatums marschieren Reichswehreinheiten ins Ruhrgebiet ein. Darunter befinden sich auch solche, die vorher den Lüttwitz-Kapp-Putsch unterstützt hatten.
  • Auf einer Delegiertenkonferenz der Arbeiterräte in Essen spricht sich Wilhelm Pieck (KPD) für den Abbruch der Kämpfe aus.
  • 5. 4.
    Große Teile der Roten Ruhrarmee fliehen in die von französischen Truppen besetzte Zone.
  • 6. 4.
    Aus Protest gegen den Einmarsch der Reichswehr ins Ruhrgebiet besetzen französische Truppen u.a. Frankfurt/Main, Darmstadt und Hanau.
  • 8. 4.
    Die Regierungstruppen kontrollieren das Ruhrgebiet mit Ausnahme des südlichen Teils.
  • 15. 4.
    Ermordung zweier Angestellter bei einem Lohngeldraub in South Braintree. Die Verurteilung und noch mehr die Hinrichtung 1927 der beschuldigten italienischen Anarchisten Nicola Sacco (1891-1927) und Barolomeo Vanzetti (1888-1927) aus Massachusetts sollte einen der größten Justizskandale der USA auslösen. Die Schuld der beiden konnte nie nachgewiesen werden.
  • 16. 4.
    Kapp wird in Schweden verhaftet, aber nicht nach Deutschland ausgeliefert. 1922 stellt er sich freiwillig und stirbt während der Untersuchungshaft. Lüttwitz begibt sich nach Ungarn. Er kehrt 1923 unbehelligt nach Deutschland zurück.
  • 19.-26. 4.
    Der Oberste Rat der Alliierten verteilt auf der Konferenz von San Remo (Italien) die Mandatsgebiete für die nichttürkischen Teile des Osmanischen Reichs. Großbritannien erhält Mandate für Palästina und Mesopotamien, Frankreich für Syrien und Libanon.
  • 20. 4.
    Erste dadaistische Veranstaltung in Köln unter Beteiligung von Max Ernst und Hans Arp und weiterer Künstler (Dada).
  • 23. 4.
    Der Führer der nationalen Sammelbewegung der Türkei, Kemal Atatürk übernimmt die Leitung einer Gegenregierung gegen Staatsoberhaupt Sultan Mehmed VI. (1861-1926).
  • 25. 4.
    Beginn des polnisch-russischen Kriegs mit dem Einmarsch polnischer Truppen nach Russland. Der polnische Staatschef J. K. Pilsudski plant die Wiederherstellung der Grenzen Polens entsprechend dem Zustand vor der Ersten Teilung des Landes von 1772.
  • 30. 4.
    Bildung des Landes Thüringen durch die Zusammenlegung der thüringischen Kleinstaaten.
MAI
  • 1. 5.
    In Baden, Lippe, Mecklenburg-Schwerin und Anhalt wird der 1. Mai erstmals als regulärer gesetzlicher Feiertag begangen.
  • Beginn eines Eisenbahnerstreiks in Frankreich, der sich zum Generalstreik unter Leitung der Gewerkschaft Confédération Général du Travail (CGT) ausweitet. Der Streik richtet sich gegen die rechtsorientierte französische Regierung, die dem Ausstand mit der Entlassung von 18.000 gewerkschaftlich organisierten Arbeitern begegnet. Der Streik endet ohne Erfolge für die Arbeiter am 28. Mai.
  • 6. 5.
    Verabschiedung des preußischen "Krüppelfürsorgegesetzes". Es regelt die staatliche Fürsorge für Behinderte, die bisher auf private Initiativen und meist konfessionell gebundene Wohlfahrtsverbände angewiesen waren.
  • 8. 5.
    Das "Gesetz zur Befriedung der Gebäude des Reichstags und der Landtage" tritt in Kraft. Damit sind Versammlungen unter freiem Himmel vor dem Reichstag innerhalb einer festgelegten "Bannmeile" untersagt.
  • 12. 5.
    Das neu verabschiedete Reichslichtspielgesetz dient als Handhabe zur Zensur von "Schmutz- und Schund-Aufklärungsfilmen", gleichzeitig aber auch von sozialkritischen Filmen.
  • Auf Anordnung des Chefs der Heeresleitung von Seeckt wird die Marinebrigade Ehrhardt aufgelöst. Große Teile des Freikorps werden von der Reichswehr übernommen und machen dort glänzende Karriere.
  • 15. 5.
    Uraufführung des Balletts "Pulcinella" von Igor Strawinsky durch das "Ballets Russes" in Paris.
  • 15. - 16. 5.
    Konferenz von Hythe: Die britische und die französische Regierung können sich nicht bezüglich der Höhe der deutschen Reparationszahlungen einigen.
  • Heiligsprechung von Jeanne d'Arc, der Jungfrau von Orléans (1412-1431), durch Papst Benedikt XV (1851-1922).
  • 18. 5.
    Rücktritt des Vorsitzenden der alliierten Reparationskommission, Poincaré. Er ist der Meinung, die Konferenz von Hythe habe die Befugnisse der Reparationskommission in unvertretbarem Maße eingeschränkt.
  • 19. 5.
    Der Völkerbundrat bestimmt Genf zum Sitz des Völkerbunds.
  • 20. 5.
    Mit den Stimmen der SPD fordert die Nationalversammlung von der Reichsregierung vergeblich die Aufhebung des Ausnahmezustandes in allen Teilen des Reichs. Einen Tag später wird die Nationalversammlung geschlossen.
  • 27. 5.
    Die tschechoslowakische Nationalversammlung wählt den Führer der nationalen Unabhängigkeitsbewegung Tomás G. Masaryk (1850-1937) erneut zum Staatspräsidenten.
JUNI
  • 4. 6.
    Unterzeichnung des Friedensvertrags zwischen den Alliierten und Ungarn in Trianon bei Paris. Ungarn muss 71 Prozent seines Territoriums abtreten, das Heer wird auf 35.000 Mann begrenzt.
  • 5. 6.
    Die von Raoul Hausmann und George Grosz initiierte Erste Internationale Dada-Messe in Berlin provoziert die Öffentlichkeit.
  • 6. 6.
    Bei den ersten Reichstagswahlen müssen die Parteien der "Weimarer Koalition" erhebliche Verluste hinnehmen. Gewinne erzielen die DNVP, die DVP und die USPD.
  • 8. 6.
    Angesichts des schlechten Wahlergebnisses tritt Reichskanzler Müller zurück. Sein Nachfolger wird Konstantin Fehrenbach (Zentrum), der ein Minderheitskabinett mit der DVP und der DDP bildet.
  • 10. 6.
    In Darmstadt wird die Ausstellung "Deutscher Expressionismus" eröffnet, auf der Werke von Emil Nolde, Ernst Barlach, Paul Klee, Wassily Kandinsky, Pablo Picasso und weiteren Künstlern zu sehen sind.
  • 11. - 20. 6.
    Erste Deutsche Reichsschulkonferenz in Berlin. Sie soll Aufschluss über die schulpolitischen Richtungen geben. Reformpädagogen fordern die Einführung der Einheits- und der Arbeitsschule, die alle Potentiale des Kindes fördern sollen.
  • 13. 6.
    Der 1. FC Nürnberg gewinnt die erste Deutsche Fußballmeisterschaft nach dem Ersten Weltkrieg mit einem 2:0-Sieg gegen SpVgg Fürth.
  • 14. 6.
    Tod des Soziologen und Wirtschaftshistorikers Max Weber in München.
  • 22. - 27. 6.
    Hungerunruhen in Krefeld, Hamburg und anderen Städten. Aus Protest gegen die Verteuerung von Lebensmitteln werden Geschäfte und Warenhäuser gestürmt.
  • 23. 6.
    Das Gesetz über die Aufhebung der Standesvorrechte des Adels wird von der preußischen Landesversammlung verabschiedet. Adelige werden damit dem allgemeinen öffentlichen und bürgerlichen Recht unterstellt.
  • Auf dem Internationalen Handelskongress der Alliierten in Paris wird die Gründung einer internationalen Handelskammer beschlossen.
  • 25. 6.
    Der Reichstag wählt den SPD-Politiker Paul Löbe zum neuen Reichstagspräsidenten.
  • 30. 6.
    Bildung des vorläufigen Reichswirtschaftsrats als verfassungsmäßiges Organ der Wirtschaftspolitik in Berlin.
JULI
  • 2. 7.
    Im polnisch-russischen Krieg geht die Rote Armee zur Offensive über.
  • 5. - 16. 7.
    Internationale Konferenz in Spa (Belgien) über die Durchführung der Bestimmungen des Versailler Vertrags. Während die Gesamthöhe der Reparationsforderungen ungeklärt bleibt, wird der Verteilerschlüssel festgelegt: Frankreich erhält 52 Prozent, England 22 Prozent, Italien zehn Prozent, Belgien acht Prozent. Die verbleibenden acht Prozent erhalten die restlichen Siegerstaaten.
  • 5. 7.
    Tod des Malers und Bildhauers Max Klinger in Großjena (Halle).
  • 9. 7.
    In Spa unterzeichnen die Vertreter des Deutschen Reichs und der Alliierten ein Abkommen zur deutschen Entwaffnung. Bis zum 1. Januar 1921 sollen das Heer auf 100.000 Mann verringert, die Wehrpflicht abgeschafft und jegliches Kriegsmaterial an die Alliierten abgeliefert werden.
  • 11. 7.
    Bei der Volksabstimmung im südlichen Ostpreußen und in Teilen Westpreußens votieren über 90 Prozent der Bevölkerung für den Verbleib beim Deutschland.
  • Die britische Regierung schlägt Polen und Sowjetrussland eine Grenzziehung entlang der Sprachräume vor ("Curzon-Linie").
  • 19. 7. - 7. 8.
    Der Zweite Kongress der Kommunistischen Internationale (Komintern) in Petrograd (heute: St. Petersburg) beschließt einen Katalog von 21 Aufnahmebedingungen für beitrittswillige Parteien. Dazu gehören u.a. ein rigoroser Zentralismus und der Bruch mit jeglichem Reformismus.
  • 22. 7.
    Auf dem zweiten Deutschen Studententag in Göttingen fordern Delegierte des Deutschen Hochschulrings den Ausschluss jüdischer Studenten.
  • 24. 7.
    Tod des Schriftstellers Ludwig Ganghofer in Tegernsee (Bayern).
AUGUST
  • 4. 8.
    Der Reichstag verkündet das "Amnestiegesetz", das (fast allen) am Lüttwitz-Kapp-Putsch sowie fast allen an den Märzaufständen Beteiligten Straffreiheit zusichert. Nur die "Urheber und Führer" sollen strafrechtlich verfolgt werden.
  • 5. 8.
    Der Reichstag verabschiedet das sogenannte Entwaffnungsgesetz. Sämtliche Militärwaffen in zivilem Besitz müssen abgeliefert werden. Bis Ende des Jahres werden 932 Geschütze, Minen- und Flammenwerfer, 1.680 Maschinenpistolen, über 18.000 Maschinengewehre, über 78.000 Revolver und Pistolen, über 85.000 Handgranaten, 46 Millionen Schuss Handfeuermunition sowie 2,2 Millionen Gewehre eingezogen.
  • 10. 8.
    Unterzeichnung des Friedensvertrags zwischen den Alliierten und der Türkei in Sèvres bei Paris. Das ehemalige Osmanische Reich wird auf ein Zehntel seiner ursprünglichen Größe verkleinert. Die türkischen Nationalisten unter Atatürk erkennen den Vertrag nicht an.
  • 11. 8.
    In Genf findet die erste Ökumenische Konferenz ("Weltkirchenkonferenz") mit Kirchenvertretern aus Europa, Amerika und dem Orient statt. Die römisch-katholische Kirche beteiligt sich nicht an der Konferenz.
  • 14. 8.
    Waffenstillstandsvertrag zwischen Sowjetrussland und Finnland in Dorpat (heute: Tartu, Estland).
  • Offizielle Eröffnung der VII. Olympischen Spiele in Antwerpen, die bis zum 12. September dauern. Die Sportler kommen aus 29 Staaten, Vertreter der ehemaligen Mittelmächte sind nicht eingeladen.
  • Bildung der "Kleinen Entente" zwischen dem Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen sowie der Tschechoslowakei. Sie richtet sich gegen Revisionsansprüche von seiten Österreichs und Ungarns
  • 16. 8.
    Mit Hilfe der Franzosen gelingt Pilsudski die Wende im polnisch-russischen Krieg: Bei Warschau wird die Rote Armee geschlagen und zieht sich zurück. Kurz darauf beginnen Waffenstillstandsverhandlungen.
  • 17./18. 8.
    Schwere Auseinandersetzungen im oberschlesischen Kattowitz (heute: Kattowice) zwischen Deutschen und Polen.
  • 19./20. 8.
    Teile des Kreises Kattowitz werden von polnischen Aufständischen besetzt. Sie fordern u.a. die Abschaffung der deutschen Sicherheitswehr, die Aussiedlung aller zugezogenen Deutschen sowie die Errichtung polnischer Selbstverwaltungskörperschaften.
  • 22. 8.
    Mit der Aufführung des religiösen Mysterienspiels "Jedermann" von Hugo von Hofmannsthal in einer Inszenierung von Max Reinhardt werden die Salzburger Festspiele zum ersten Mal durchgeführt.
  • 26. 8.
    Erstürmung des französischen und des polnischen Konsulats in Breslau (heute: Wroclaw) durch deutsche Demonstranten.
  • Einführung des allgemeinen Frauenwahlrechts in den USA.
  • 31. 8.
    Tod des Philosophen und Psychologen Wilhelm Wundt (1832-1920) in Großbothen (bei Leipzig).
SEPTEMBER
  • 1. - 3. 9.
    Auf einer Reichskonferenz der USPD beschließt die Mehrheit der Delegierten die Ablehnung der 21 Aufnahmebedingungen der Komintern.
  • 8. 9.
    Tod des Verlegers Rudolf Mosse (1843-1920) in Schenkendorf.
  • Der italienische Politiker und Dichter Gabriele D'Annunzio (1863-1938) proklamiert den Freistaat Fiume (heute: Rijeka).
  • Das Komitee des indischen Nationalkongresses beschließt, das gegen die britische Kolonialmacht gerichtete Konzept zur Erlangung der Unabhängigkeit des Freiheitskämpfers "Mahatma" Gandhi (1869-1948) zu unterstützen.
  • 13. 9.
    Ernst Jünger gibt im Selbstverlag sein Kriegstagebuch "In Stahlgewittern" über das Weltkriegserlebnis heraus.
  • 16. 9.
    Aus Gesundheitsgründen tritt der französische Staatspräsident Deschanel zurück. Sein Nachfolger wird der bisherige Ministerpräsident Millerand.
  • 20. 9.
    Der Völkerbund bestimmt - trotz einer Anfechtung der Volksabstimmung - die Abtretung der Kreise Eupen und Malmedy an Belgien.
  • 26. 9.
    Auf der Hauptversammlung des Interessenvereins der chemischen Industrie spricht sich dessen Vorsitzender Carl Duisberg gegen eine Sozialisierung des Bergbaus aus.
OKTOBER
  • 1. 10.
    Das Groß-Berlin-Gesetz tritt in Kraft. Die Reichshauptstadt vergrößert sich durch die Eingemeindung von 7 Städten, 57 Landgemeinden und 27 Gutsbezirken auf 3,86 Millionen Einwohner. Berlin ist nach New York und London die drittgrößte Stadt.
  • Max Liebermann wird zum Präsidenten der Preußischen Akademie der Künste gewählt.
  • 2. 10.
    Tod des Komponisten Max Bruch in Berlin.
  • 5. - 7. 10.
    Erster Kongress gewerkschaftlicher Betriebsräte unter Leitung des Allgemeinen deutschen Gewerkschaftsbunds (ADGB) in Berlin. Die Mehrheit der Teilnehmer spricht sich für die Unterordnung der Betriebsräte unter die Gewerkschaften aus und lehnt die Forderung der KPD nach einem Ausbau der Betriebsräte zu selbständigen Kampforganisationen ab.
  • 12. - 17. 10.
    Auf dem Parteitag der USPD in Halle (Saale) entschließt sich die Mehrheit der Delegierten für die Annahme der 21 Bedingungen und den Anschluss an die Komintern. Dies hat die Spaltung der USPD zur Folge. Die linke Mehrheit nimmt Kontakt zur KPD auf.
  • 12. 10.
    Polen und Russland schließen einen Präliminarfrieden. Russland muss weite Gebiete an Polen abtreten.
  • 24. 10
    In Berlin wird die Hochschule für Politik mit Theodor Heuss als Leiter eröffnet.
  • 27. 10.
    Die alliierten Staaten beschließen die Errichtung der Freien Stadt Danzig (heute: Gdansk) gemäß den Vereinbarungen des Versailler Vertrags. Danzig erhält Souveränität und bildet eine Zollunion mit Polen.
  • 29. 10.
    Erstaufführung des Films "Der Golem/ Wie er in die Welt kam" mit Paul Wegener (1874-1948) in Berlin.
NOVEMBER
  • 2. 11.
    Der Republikaner Warren G. Harding (1865-1923) wird zum neuen Präsidenten der USA gewählt.
  • 8. 11.
    Das Preußische Kultusministerium verbietet das Tragen von Hakenkreuzen in Schulen als Ausdruck völkisch-antisemitischer Haltung.
  • 10. 11.
    Mit einer Notverordnung verbietet Reichspräsident Ebert Arbeitskämpfe in "lebenswichtigen Versorgungsbetrieben" wie der Gas-, Wasser- und Elektrizitätsversorgung. Die Verordnung bleibt bis zum 20. Januar 1934 in Kraft.
  • 15. 11.
    In Genf findet die erste Vollversammlung des Völkerbunds mit 42 teilnehmenden Staaten statt.
  • Uraufführung des Revolutionsdramas "Masse Mensch" von Ernst Toller in Nürnberg.
  • 29. 11.
    Gründung des Gewerkschaftsrings Deutscher Arbeiter-, Angestellten- und Beamtenverbände. In ihm schließen sich der Verband der Deutschen Gewerkvereine (Hirsch-Duncker'scher Gewerkverein), der Allgemeine Eisenbahner-Verband und der Gewerkschaftsbund der Angestellten zusammen.
  • 30. 11.
    Durch eine neue Verfassung wird Preußen zum demokratisch-parlamentarischen Freistaat. Ministerpräsident wird der Sozialdemokrat Otto Braun.
DEZEMBER
  • 1. 12.
    Italienische Truppen beginnen mit der Blockade der von D'Annunzios Einheiten besetzten Stadt Fiume.
  • 4. - 7. 12.
    Vereinigungsparteitag des linken USPD-Flügels mit der KPD. Zu gemeinsamen Vorsitzenden werden Paul Levi (1883-1930) und Ernst F. Däumig (1866-1922) gewählt.
  • Uraufführung der Oper "Die tote Stadt" von Erich Korngold (1897-1957) in Hamburg und Köln.
  • 14. 12.
    Die Teilung Irlands in Nord- und Südirland durch den "Government of Ireland Act" der britischen Regierung führt zu schweren Unruhen.
  • Uraufführung des Films "Anna Boleyn" von Ernst Lubitsch mit Henny Porten und Emil Jannings in Berlin.
  • 16. 12.
    In München erwirbt die NSDAP für 120.000 Mark die Wochenzeitung (ab 1923: Tageszeitung) "Völkischer Beobachter". Die Bürgschaft für die Finanzierung übernimmt der neue Hauptschriftleiter Dietrich Eckart, der die Hälfte des Betrags aus einem Fonds der Reichswehr erhält.
  • Einstimmige Aufnahme der Republik Österreich in den Völkerbund.
  • 23. 12.
    In Berlin wird 20 Jahre nach seiner Entstehung das wegen "Unsittlichkeit" heftig umstrittene Theaterstück "Der Reigen" von Arthur Schnitzler zum ersten Mal in voller Länge aufgeführt.
  • 26. 12.
    Tod des Gewerkschaftsführers und Vorsitzenden des ADGB Carl Legien in Berlin.
  • 31. 12.
    D'Annunzio gibt die Besetzung von Fiume auf.
AUSSERDEM:
  • Max Planck: Die Entstehung und bisherige Entwicklung der Quantentheorie (Physikalische Abhandlung)
  • Ferdinand Sauerbruch: Die Chirurgie der Brustorgane (Medizinische Abhandlung)
Dorlis Blume/Manfred Wichmann
31. August 2014

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