Die Erfassung
der Heranwachsenden in einer Organisation der NSDAP begann mit
der Aufnahme der Zehnjährigen zum Deutschen Jungvolk (DJ)
bzw. dem Jungmädelbund, den Kinderorganisationen der Hitlerjugend.
Vom 14. bis zum 18. Lebensjahr waren die Jungen in der Hitlerjugend
erfaßt. Die Mädchen waren vom 14. bis zum 17. Lebensjahr
beim Bund Deutscher Mädel (BDM) und ab 1938 in der Sondereinheit
"Glaube und Schönheit" (17-21 Jahre) organisiert.
Von rund 100 000 Mitgliedern im Jahre 1932 waren die Mitgliederzahlen
1933 schon auf 2,3 Millionen gestiegen.
Der Jugend wurde von den Nationalsozialisten
große Bedeutung beigemessen. Für den einzelnen Jugendlichen
bedeutete dies oftmals, endlich eine lang ersehnte Aufmerksamkeit
und Eigenverantwortlichkeit zugesprochen zu bekommen, denn dem
nun uniformierten Kind oder Jugendlichen wurde Respekt entgegengebracht.
Die größere Unabhängigkeit und Abgrenzung von
Elternhaus und Schule machte die Faszination der neuen Jugendbewegung
aus, obwohl der Jugendliche innerhalb der HJ absoluter Disziplin
und Gehorsamkeit unterworfen war. Hier lernte der junge Mensch,
dem "Führer" und dem "Ruf des Vaterlandes"
bedingungslos zu folgen. Eine Vorbereitung auf den Dienst in der
Wehrmacht fand in der Hitlerjugend nicht nur mit vormilitärischen
Übungen statt, sondern auch durch die Schulung des Kameradschaftsgeistes
und des Gehorsams.
In den Schulen wurde für den Eintritt
in die HJ geworben. Lehrer wurden zu diesem Zweck sogar zu Hausbesuchen
bei den Eltern aufgefordert. Die öffentlichen höheren
Schulen wiesen den größten Organisationsgrad auf. Hier
waren fast 90 Prozent aller Schüler in der HJ. Insgesamt
waren vor dem Zwang zum Eintritt in die Hitlerjugend 60 Prozent
aller Jugendlichen zwischen zehn und achtzehn Jahren in der Hitlerjugend
vertreten.
Am 19.04.1936, als Geschenk zu Hitlers Geburtstag
am 20.04., konnte erfolgreich gemeldet werden, daß der Jahrgang
1926 zu 90 Prozent aufgenommen worden war. Um eine totale Erfassung
der Jugend zu erreichen, wurde mit dem "Gesetz über
die Hitlerjugend" von 1936 und den zwei Durchführungsverordnungen
von 1939 die Mitgliedschaft in einer Organisation der Hitlerjugend
Pflicht.
Der Eintritt in die Hitlerjugend markierte
den Beginn einer Erziehung des Einzelnen zum Nationalsozialisten.
Intensive und umfassende Schulungsmaßnahmen wurden von den
Nationalsozialisten als wichtige Grundvoraussetzung für das
Funktionieren des neuen Staates gesehen, wie ein Zitat von Adolf
Hitler zur Erziehung der Jugend deutlich macht: "Diese Jugend
lernt ja nichts anderes als deutsch denken, deutsch handeln, und
wenn diese Knaben mit zehn Jahren in unsere Organisation hineinkommen
und dort oft zum erstenmal überhaupt eine frische Luft bekommen
und fühlen, dann kommen sie vier Jahre später vom Jungvolk
in die Hitler-Jugend, und dort behalten wir sie wieder vier Jahre.
Und dann geben wir sie erst recht nicht zurück in die Hände
unserer alten Klassen- und Standeserzeuger, sondern dann nehmen
wir sie sofort in die Partei, in die Arbeitsfront, in die SA oder
in die SS, in das NSKK und so weiter.
Und wenn sie
dort zwei Jahre oder anderthalb Jahre sind und noch nicht ganze
Nationalsozialisten geworden sein sollten, dann kommen sie in
den Arbeitsdienst und werden dort wieder sechs und sieben Monate
geschliffen, alles mit einem Symbol, dem deutschen Spaten. Und
was dann nach sechs oder sieben Monaten noch an Klassenbewußtsein
oder Standesdünkel da oder da noch vorhanden sein sollte,
das übernimmt dann die Wehrmacht zur weiteren Behandlung
auf zwei Jahre, und wenn sie nach zwei oder drei Jahren zurückkehren,
dann nehmen wir sie, damit sie auf keinen Fall rückfällig
werden, sofort wieder in die SA, SS und so weiter, und sie werden
nicht mehr frei ihr ganzes Leben ...".