Der Morgen nach der für ganz Europa wegweisenden Schlacht von Waterloo am 18. Juni 1815 glich einem gespenstischen Szenarium des Grauens. Zu Tausenden säumten Tote das Schlachtfeld, krepierten Menschen und Pferde, saßen verletzte Soldaten in Todesahnung apathisch in der Gegend. Hauptwunsch manch versprengten Kämpfers war nicht viel mehr als ein Schluck Wasser. Einheimische versuchten sich zu bereichern – war man nicht direkt vom Kriegsgeschehen in Mitleidenschaft gezogen, konnte eine Schlacht in unmittelbarer Nähe durchaus einen materiellen Glücksfall bedeuten. Nach ihnen kamen schon wenige Tage später Souvenirsammler und die ersten Touristen; bald erschienen Reiseführer am Ort des Geschehens, die ihre reich ausgeschmückten Detailkenntnisse der Schlacht zum Verkauf anboten.
Die Schlacht von Waterloo machte europaweit Sensation. Viel beschrieben und viel erzählt wurde sie zum mythischen Inbegriff des endgültigen Unterganges Napoleons, der für viele Menschen auch außerhalb Frankreichs jahrelang der hell leuchtende Stern am politischen Firmament Europas gewesen war. Seine Rückkehr aus der Verbannung von Elba nach Frankreich am 1. März 1815 erfüllte Millionen Franzosen mit Freude und Hoffnung auf eine bessere Zukunft, insbesondere in Deutschland schürte sie hingegen die Angst vor erneuter französischer Fremdherrschaft und Despotie. Napoleon in seine Schranken zu weisen, war daher der gemeinsame dringende Wunsch von Politik und Bevölkerung – und bei Waterloo ging er in Erfüllung.
Die verbündeten Staaten Europas hatten eine militärische Intervention gegen Napoleon beschlossen, der mit kampfbereiter Armee den Feinden entgegenmarschierte. In den südlichen Niederlanden trafen die beiden Hauptstreitmächte aufeinander. Nachdem Napoleon am 16. Juni 1815 bei Ligny das preußische Heer unter Generalfeldmarschall Gebhard Leberecht von Blücher (1742-1819) geschlagen hatte, stieß er zwei Tage später mit rund 70.000 Soldaten bei Waterloo unweit von Brüssel auf eine fast ebenso große Anzahl Briten, Niederländer, Hannoveraner, Braunschweiger und Nassauer unter ihrem Feldmarschall Arthur Wellesley (1769-1852), dem Herzog von Wellington. Als dieser nur noch mit Mühe dem französischen Ansturm standhalten konnte, registrierte er am späten Nachmittag hoch erfreut das Eintreffen Blüchers, der nach der Niederlage von Ligny den französischen Verfolgern entkommen war. Rund 45.000 Preußen fielen den Franzosen schlachtentscheidend in die Flanke, am Abend konnten sich Blücher und Wellington persönlich zum gemeinsam errungenen Sieg gratulieren.