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    Postkarte zur Besetzung des Sudetengebietes, 1938

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Die Besetzung des Sudetengebietes 1938

Nach Monaten der Krise und von Adolf Hitler provozierten Kriegsgefahr schlossen am 30. September 1938 Großbritannien, Frankreich, Italien und das Deutsche Reich das Münchner Abkommen, in dem die Abtretung des Sudetengebietes durch die Tschechoslowakei an Deutschland festgelegt wurde. Hitler setzte sich vor allem dank der ständigen Beteuerungen durch, dies sei seine letzte territoriale Forderung. Vor allem Großbritannien glaubte, durch das Abkommen den Frieden in Europa gesichert zu haben, während Hitler seine Kriegsvorbereitungen unbeirrt fortsetzte. Der neue Grenzverlauf zwischen dem Deutschen Reich und der Tschechoslowakei stand noch nicht fest. Er wurde am 7. Oktober durch einen Internationalen Ausschuss gegen die Stimme des tschechoslowakischen Vertreters bestimmt.

Wichtige tschechische Verkehrsadern wurden durch die neue Grenze zerschnitten, ein Gebiet mit 690.000 tschechischen Einwohnern, auch in rein tschechischen Ortschaften, wurde dem Deutschen Reich eingegliedert. 400.000 Tschechen verließen daraufhin ihre Wohnorte. Sämtliche Verteidigungsanlagen und Bunker in Richtung Deutschland lagen im abzutretenden Gebiet. Es umfasste circa 22.500 km²; die Grenze verlief bei Asch im Westen und bei Troppau (Opava) im Osten.

Bereits am 1. Oktober begann unter General Wilhelm Ritter von Leeb der Einmarsch von Wehrmachtseinheiten in die erste der fünf festgesetzten Zonen. Am 10. Oktober war die Besetzung der letzten Zone - wie im Münchner Abkommen vorgesehen - beendet. Die massive Propaganda, die den Einmarsch im Deutschen Reich begleitete, stellte ihn in eine Reihe mit den vorherigen Erfolgen von Hitlers Außenpolitik wie der "Heimkehr der Saar" und dem "Anschluss" Österreichs.

Die meisten der knapp drei Millionen Sudetendeutschen begrüßten die Wehrmachtstruppen begeistert. Am 3. Oktober wurde Hitler in Eger bejubelt. Dass die deutsche Minderheit seit der Gründung des tschechoslowakischen Staates am 28. Oktober 1918 benachteiligt worden und die Arbeitslosigkeit unter ihr überdurchschnittlich hoch war, vergrößerte die Zustimmung zur deutschen Annexion. In den Jahren seit der nationalsozialistischen Machtübernahme 1933 hatten sich aber auch zahlreiche deutsche Gegner des NS-Regimes in das Sudetengebiet geflüchtet. Einem Teil gelang die Flucht ins Innere der Rest-Tschechoslowakei; rund 20.000 deutsche Exilanten, hauptsächlich Mitglieder der SPD oder der KPD, die sich vor dem Nationalsozialismus in die Tschechoslowakei gerettet hatten, wurden nach dem Einmarsch verhaftet.

Der Annexion folgte die Schaffung des Reichsgaus Sudetenland mit dem Reichskommissar Konrad Henlein. Nun begann auch im Sudetenland die Erfassung der Bevölkerung durch NS-Organisationen und die Zerschlagung bisheriger Verbände. Parteien wurden verboten oder, wie Henleins Sudetendeutsche Partei (SdP), in die NSDAP eingegliedert, die Presse unter staatliche Kontrolle gebracht.

Claudia Prinz
16. Oktober 2015

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