Als am Abend des 30. Januar 1933 Nationalsozialisten den lang ersehnten "Tag der Machtübernahme" mit Fackelzügen durch das Brandenburger Tor feierten, markierten die triumphierenden Kundgebungen auch symbolisch das Ende der Weimarer Republik. Wenige Stunden zuvor hatte Reichspräsident Paul von Hindenburg den Vorsitzenden der NSDAP zum neuen Reichskanzler ernannt. Adolf Hitler beabsichtigte, eine von jeder Kontrolle durch den Reichstag befreite Regierung zu etablieren, die das von vielen Deutschen empfundene "demokratische Chaos" der Weimarer Jahre überwinden sollte. Dieses Ziel verwirklichten die Nationalsozialisten innerhalb kürzester Zeit: Unter Wahrung des Anscheins verfassungsmäßiger Legitimität schalteten sie politische Gegner mit Gewalt aus und bemächtigten sich der staatlichen Machtinstrumente. Als diese "nationale Erhebung" im Sommer 1934 ihren Abschluss fand, waren Demokratie und Pluralismus in Deutschland zerstört, ohne dass es zu nennenswerter Gegenwehr gekommen wäre.
Brauner Terror
In Hitlers Kabinett der "nationalen Konzentration" waren mit Reichsinnenminister Wilhelm Frick und Hermann Göring als Minister ohne Geschäftsbereich zunächst nur zwei weitere Nationalsozialisten vertreten. Acht Vertreter aus dem deutschnationalen und konservativen Lager besaßen das Übergewicht. Durch sie versprach sich Vizekanzler Franz von Papen eine "Zähmung" der Nationalsozialisten, um diese an der Umsetzung einer zu radikalen Politik zu hindern.
Was die Berater Hindenburgs als normalen Wechsel eines autoritären Präsidialkabinetts geplant hatten, entpuppte sich jedoch schnell als unkalkulierbares Risiko. Dem illusorischen Zähmungskonzept wurden bereits mit der von Hitler geforderten Reichstagsauflösung am 1. Februar 1933 sowie mit der dadurch notwendigen Neuwahl des Reichstages die Grundlagen entzogen. Nunmehr vom Regierungsbonus begünstigt, begann die NSDAP unter der Parole "Kampf dem Marxismus" einen Wahlkampf mit hohem Propagandaaufwand und Terror gegen Oppositionelle. Mit staatlicher Rückendeckung begingen Nationalsozialisten ungezählte Übergriffe auf Kommunisten und Sozialdemokraten sowie auf jüdische Abgeordnete.
Mit Reichsinnenminister Frick und Göring als kommissarischem preußischem Innenminister waren zwei Schaltstellen der Macht mit Nationalsozialisten besetzt, die über die Polizeigewalt verfügten. Der preußischen Polizei verordnete Göring sogleich in einem "Schießerlass" vom 17. Februar den rücksichtslosen Gebrauch der Schusswaffe gegen alle politischen Gegner. Die von Göring in Preußen aufgestellten Hilfspolizeiverbände aus 50.000 Angehörige der Sturmabteilung (SA), der Schutzstaffel (SS) sowie des "Stahlhelms" versahen ihre Uniformen mit einer "amtlichen" weißen Armbinde und nahmen bis Ende April 1933 ca. 25.000 Regimegegner in "Schutzhaft". Noch im Frühjahr 1933 begannen SA und SS mit der Errichtung erster Konzentrationslager (KZ) in Dachau und Oranienburg.
Aufhebung der Grundrechte
Den entscheidenden gesetzlichen Rahmen für die Verfolgung politischer Gegner und die Festigung uneingeschränkter Machtverhältnisse für die NSDAP bildete die "Reichstagsbrandverordnung" vom 28. Februar 1933. Die einen Tag nach dem Reichstagsbrand von Hindenburg unterzeichnete Notverordnung setzte die verfassungsmäßigen Grundrechte der persönlichen Freiheit, der Meinungs-, Vereins- und Versammlungsfreiheit außer Kraft. Über das Deutsche Reich wurde auf scheinbar legalem Weg ein permanenter, während der NS-Zeit nie aufgehobener Ausnahmezustand verhängt.
In diesem Klima der Rechtsunsicherheit besaß die Reichstagswahl vom 5. März 1933 keinerlei freien Charakter. Der massiven Wahlpropaganda der NSDAP hatten die anderen Parteien nur wenig entgegenzusetzen. Die Funktionäre der KPD waren verhaftet, ins Exil geflüchtet oder lebten im Untergrund. Auch zahlreiche Angehörige der SPD waren in die Illegalität gegangen oder hatten das Land verlassen. Gemessen an dem hohen Maß an Einschüchterung und propagandistischer Beeinflussung waren die 43,9 Prozent für die NSDAP eine Enttäuschung. Nur zusammen mit der "Kampffront Schwarz-Weiß-Rot" aus DNVP und "Stahlhelm" erreichte die NSDAP eine parlamentarische Regierungsmehrheit im Reichstag.
Die Nationalsozialisten bedienten sich bei der Festigung ihrer Macht neben Gewalt und Terror vor allem ihrer allgegenwärtigen Propaganda. Unübersehbar prägten Hakenkreuzfahnen nach dem 30. Januar 1933 das öffentliche Straßenbild. Parteiaufzüge und gewaltige Aufmärsche sollten Zustimmung für die von der NSDAP propagierte "nationalsozialistische Revolution" entfachen. Broschüren, Postkarten und Plakate mit dem Konterfei Hitlers begründeten einen Personenkult bisher unbekannten Ausmaßes. Die von Propagandaminister Joseph Goebbels gesteuerten Medien stellten Hitler als "Heilsbringer" und "Retter des deutschen Volkes" dar. Der Mitte der 1920er Jahre in der NSDAP entwickelte Führerkult wurde zum Organisationsprinzip eines ganzen Landes. In Städten und Dörfern wurden Straßen und Plätze nach ihm benannt, vielerorts erhielt er die Ehrenbürgerschaft. Das propagierte "Dritte Reich" wollte Tradition und Machtanspruch des untergegangenen Kaiserreichs fortsetzen und die als Demütigungen empfundenen Bestimmungen des Versailler Vertrages von 1919 revidieren. Symbolisch reichte das neue, das nationalsozialistische Deutschland dem Kaiserreich beim erfolgreich inszenierten "Tag von Potsdam" am 21. März 1933 die Hand, als sich Hitler in dunkler Zivilkleidung ehrfurchtsvoll vor Reichspräsident von Hindenburg in kaiserlicher Uniform verneigte.
Auf den Wogen nationaler Euphorie vollendete Hitler zwei Tage später sein nächstes Vorhaben. Mit 444 zu 94 Stimmen nahm der Reichstag inmitten drohender SA-Verbände das "Ermächtigungsgesetz" an, mit dem die Regierung Gesetze ohne Reichstag und Reichsrat verabschieden konnte. Alle anwesenden SPD-Abgeordneten hatten die Selbstentmachtung des Parlaments abgelehnt, die Abgeordneten der KPD waren verhaftet oder bereits im Untergrund. Die Ablehnung des Gesetzes durch die SPD bestätigte die konservativen Parteien in ihrer Auffassung, auf der richtigen, auf der "antibolschewistischen" Seite unter Führung der NSDAP zu stehen. Der von Zeitungen beschworenen Gefahr eines bevorstehenden linken Aufstandes schenkte ein großer Teil der Bevölkerung bereitwillig Glauben. Dass mit der Ausschaltung organisatorischer Strukturen der politischen Linken durch die Zerschlagung der Gewerkschaften und durch die Errichtung des Einparteienstaats im Sommer 1933 eine vermeintlich feste "nationale Ordnung" herrschen sollte, entsprach grundsätzlich den Wünschen vieler Deutscher.
Herstellung und Inszenierung der "Volksgemeinschaft"
Die rasante Besetzung von wichtigen Schlüsselpositionen im Staat durch Angehörige der NSDAP förderte das "Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums" vom 7. April 1933, das die Entlassung aller im Sinne der neuen Machthaber politisch unzuverlässigen oder jüdischen Beamten ermöglichte. Die staatlich sanktionierte Verfolgung der als rassisch minderwertig diffamierten Juden hatte unmittelbar mit Beginn der Machtübernahme eingesetzt. Mit dem "Arierparagraph" erhielt zum ersten Mal ein verordneter Antisemitismus Eingang in Gesetze. Bereits Anfang April 1933 kam es zu ersten Boykottmaßnahmen gegen jüdische Geschäfte und Einrichtungen. Bis Frühjahr 1934 verließen rund 37.000 Juden das Land, die meisten blieben jedoch trotz Verfolgung und Repressalien in Deutschland.
Mit der Durchdringung und Kontrolle der Bevölkerung forcierte die NSDAP ihren Drang nach totaler Macht. Ab Frühjahr 1933 waren nahezu alle Lebensbereiche einer erzwungenen, aber auch freiwilligen Gleichschaltung unterworfen. Überführt wurden die gleichgeschalteten Verbände in Einheitsorganisationen wie die Deutsche Arbeitsfront (DAF) oder die NS-Volkswohlfahrt (NSV). Die ideologische und organisatorische Ausrichtung aller politischen und gesellschaftlichen Institutionen, Verbände und schließlich jedes einzelnen Bürgers auf die Weltanschauung und Ziele des Nationalsozialismus sollte die Meinungsvielfalt rigoros beseitigen. Eine von nationalsozialistischen Studenten und Professoren initiierte Kampagne "gegen den undeutschen Geist" gipfelte in der Bücherverbrennung am 10. Mai 1933.
Die von den Nationalsozialisten als "undeutsch" empfundene pluralistische Gesellschaft sollte durch eine solidarische "Volksgemeinschaft" ersetzt werden, die durch das Winterhilfswerk (WHW) oder Kraft durch Freude (KdF) massenwirksam inszeniert wurde. Für Behinderte oder "Asoziale" gab es in der "Volksgemeinschaft" keinen Platz. Das am 14. Juli 1933 beschlossene "Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses" erlaubte die Zwangssterilisation, wenn mit großer Wahrscheinlichkeit Nachkommen mit schweren körperlichen oder geistigen Schäden zu erwarten waren.
Ihr charakteristisches Strukturelement erhielt die "Volksgemeinschaft" durch das "Führerprinzip", das die Einheit von Volk und Führer postulierte sowie unbedingte Treue und Gehorsam forderte. Von Teilen der auf knapp vier Millionen Mitglieder angeschwollenen SA wurde die Gefolgschaft im Frühjahr 1934 allerdings in Frage gestellt. Die SA hatte in vielen Saal- und Straßenschlachten für die NSDAP gekämpft und bei der Festigung der politischen Macht unverzichtbare Dienste geleistet. Doch die Erwartung der SA-Führung, durch die "nationalsozialistische Revolution" in führende Positionen des neuen Staates zu gelangen, erfüllte sich nicht.
Exponent der Unzufriedenheit war der Stabschef der SA, Ernst Röhm. Mit der Parteiarmee im Rücken forderte er eine "Zweite Revolution", um die SA zur dominierenden Kraft in Staat und Gesellschaft zu machen. Seine Vorstellung von der SA als Kern der bewaffneten Macht in Deutschland bedrohte die von Hitler im Februar 1933 zugesicherte Unabhängigkeit der Reichswehr. Als die internen Machtkonflikte eskalierten, nutzte Hitler im Bündnis mit der Reichswehrführung und der SS einen angeblich geplanten "Röhm-Putsch", um die SA-Führung sowie konservative Opponenten wie Kurt von Schleicher, den letzten Reichskanzler der Weimarer Republik, am 30. Juni 1934 ermorden zu lassen.
Mit diesem Vorgehen "besänftigte" Hitler nicht nur eine durch Übergriffe und Machtmissbrauch der SA verbreitete Missstimmung in der Bevölkerung. Der Reichswehr versicherte er sich als eines zuverlässigen Verbündeten. Nach dem Tod Hindenburgs und der Auflösung des Reichspräsidentenamts am 2. August 1934 bot die Armeeführung an, den Eid auf die Person Hitlers zu leisten, der sich von nun an offiziell "Führer und Reichskanzler" nannte. Der Eid festigte endgültig die totalitäre Führerdiktatur der Nationalsozialisten. Potentielle Gegner waren verhaftet, ermordet oder in der Emigration. Seinen "Führerwillen" gedachte Hitler nicht durch geschriebene Normen einer neuen, wenn auch nationalsozialistisch ausgerichteten Verfassung binden zu lassen. Das "Führerwort" besaß Gesetzeskraft. Institutionell zwar vollkommen irrelevant, existierte die Weimarer Verfassung bis zum Ende der NS-Herrschaft 1945 formal weiter.