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Materialschlachten

Die ersten Monate des Ersten Weltkrieges zeigten, dass die Kämpfe nicht von kurzer Dauer sein würden. Im Stellungskrieg an der Westfront legten beide Seiten ein tief gestaffeltes Grabensystem an. Dies erzwang die technische "Modernisierung" der Kriegsführung, um den Feind nachhaltig zu schwächen und einen erfolgreichen Durchbruch durch das gegnerische Befestigungsbollwerk wagen zu können. Ab 1915 prägte neues Kriegsgerät die bis dahin beispiellosen Materialschlachten. Insbesondere im Westen setzte erstmals ein Massentöten durch schwere Artillerie ein, die feindliche Stellungen unter stundenlanges, manchmal tagelanges Dauerfeuer nahm, um sie schließlich "sturmreif" zu schießen. Im deutschen Heer löste der Stahlhelm ab 1916 schrittweise die Pickelhaube ab, die zu wenig Schutz geboten hatte.

Auch die Soldaten wurden wie Geschütze und Munition als einzusetzendes Material betrachtet. Ihnen wurde täglich der Einsatz ihres Lebens abverlangt. Der Tod wurde als "Heldentod" fürs Vaterland verklärt und sollte seinen individuellen Schrecken verlieren. Einen traurigen Höhepunkt erreichte das Konzept der Materialschlacht 1916 mit den Kämpfen um die Festungsanlagen von Verdun und an der Somme sowie 1917 in Flandern.

Das deutsche Feldheer verfügte bei Beginn des Krieges 1914 über rund 6.300 leichte und knapp 1.150 schwere Geschütze, Anfang 1917 waren es rund 12.500 leichte und etwa 7.200 schwere Geschütze. Die gesamte Industrieproduktion der kriegsbeteiligten Mächte war auf die massenhafte Herstellung entsprechender Munition ausgerichtet, die sich von Kriegsjahr zu Kriegsjahr immer mehr steigerte. Franzosen und Briten verschossen allein 1918 rund die Hälfte ihrer Granaten während des gesamten Ersten Weltkrieges, in dem die Artillerie der Entente und der Mittelmächte zusammen insgesamt mehr als 850 Millionen Schuss abgaben. Durch Artilleriefeuer starb rund die Hälfte aller Gefallenen im Ersten Weltkrieg. Der massive Einsatz weit reichender Kanonen und die Zerstörungskraft von Granaten, Minen und Bomben hinterließen überall grabenzerfurchte, sumpfartige Geländeflächen mit tiefen Granattrichtern und toten Baumstümpfen sowie zerschossene Ortschaften. In den Kampfgebieten in Nordfrankreich, Belgien und Westrussland wurden hunderttausende Häuser sowie Brücken zerstört. Straßen und Eisenbahnstrecken wurden zum Großteil beschädigt. Dörfer, Städte und ganze Landschaften entlang der Front waren nach ihrer Zerstörung völlig gesichtslos und unbewohnbar. Diesen Zerstörungen standen minimale Geländegewinne gegenüber, die in der Regel schon nach kurzer Zeit wieder verloren gingen.

Im Fronteinsatz zählten neben den Maschinengewehren vor allem Flammenwerfer und Handgranaten zu den wirksamsten Waffen der Infanterie. Zu Hunderttausenden detonierten Handgranaten täglich bei Offensiven an der Westfront, in Deutschland wurden bis zu neun Millionen Stück monatlich produziert. Gegen Granatsplitter konnten herkömmliche Lederhelme die Frontsoldaten nicht mehr schützen. Der Stahlhelm bot ab 1916 mehr Schutz gegen die Splitter von Granaten, die durch ihren massenhaften Einsatz Tod und Verstümmelung hervorriefen. Davor sollten auch andere Gegenstände des Körperschutzes wie Grabenpanzer und Schutzmasken bewahren.

Arnulf Scriba
8. September 2014

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