Auf die erste Phase der Industrialisierung in Deutschland mit Kohlenbergbau, Eisenverhüttung und Eisenbahnbau folgte im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts eine zweite mit dem Aufstieg von Maschinenbau, Elektroindustrie und Chemischer Industrie zu neuen Führungssektoren. Diese Neuen Industrien profitierten von Erfindungen und Innovationen sowie vom engen Zusammenspiel zwischen wissenschaftlicher Forschung und bereit gestelltem Kapital. Bei der Entwicklung dieser zukunftsträchtigen Technologien belegte Deutschland weltweit einen führenden Platz. Auf dem Weltmarkt gab es eine großen Nachfrage nach deutschen Produkten. So stieg der Exportwert deutscher Maschinen von 1871 bis 1913 um das Sechsfache auf 680 Millionen Mark - dies entsprach rund sieben Prozent des deutschen Gesamtexports.
Die Produkte der chemischen Industrie umfassten zehn Prozent des Gesamtexports. In der Chemieindustrie war Deutschland mit 28 Prozent des weltweiten Exports die führende Nation, Großbritannien lag mit 16 Prozent auf dem zweiten Platz. Mit Hilfe der Neuen Industrien und eines Innovationsschubs überwand Deutschland die Folgen der Gründerkrise und erlebte ab 1890 eine nahezu ungestörte Phase der Hochkonjunktur.
Der Maschinenbau gewann durch den Ausbau der Infrastruktur, insbesondere der Eisenbahn, schon ab den 1840er Jahren eine immer größere Bedeutung: Vor allem Lokomotiven wurden in den Fabriken gebaut. Die Modernisierung der Technik und eine Standardisierung der Produktion ermöglichten in den 1890er Jahren die Herstellung in großem Umfang. Damit stieg der Maschinenbau in den letzten zwei Jahrzehnten des Kaiserreichs zu einem der größten deutschen Industriezweige auf. In den 1880er und 1890er Jahren begann auch die bald rasch ansteigende Produktion von Verbrennungsmotoren und ersten Automobilen - waren bis 1907 insgesamt etwa 27.000 Autos produziert worden, stieg die Zahl bis 1914 auf fast 100.000.
Von der stetigen Modernisierung im Kaiserreich profitierte auch die Elektroindustrie: Durch die Urbanisierung wuchs in den Städten der Bedarf an Strom für private Haushalte, Firmen, Geschäfte, Straßenbahnen und die ersten U-Bahnen. Der Entwicklung erster Dynamos zur Stromgewinnung folgten bald elektrische Fernleitungen und der Bau von Kraftwerken. Sie versorgten ab den 1880er Jahren erst kleinere Firmen, dann Stadtteile und ab etwa 1890 ganze Städte mit Strom. Als Stromlieferanten konnten die beiden Großunternehmen der Elektroindustrie, Siemens und die Allgemeine Elektrizitäts-Gesellschaft (AEG), ein rasantes Wachstum verzeichnen. Jede zweite elektrische Maschine und Installation weltweit stammte 1914 von Siemens oder AEG.
Nicht weniger erfolgreich waren Chemiegiganten wie die Badischen Anilin- und Soda-Fabriken (BASF), Hoechst oder Bayer. In den Fabriken wurden Farbstoffe, pharmazeutische Produkte, Kunstfasern und erste Plastikstoffe sowie künstlicher Dünger massenhaft hergestellt. Besonders in der Chemischen Industrie, aber auch in den anderen Neuen Industrien zeichnete sich ein neuer Typus der Produktion ab - dieser wurde eng mit wissenschaftlicher Forschung verbunden. Die Unternehmen bauten ihre Produktion auf neuester wissenschaftlicher Erkenntnis auf, investierten in eigene Forschungsabteilungen und stellten zahlreiche akademisch ausgebildete Fachkräfte ein - 1914 waren allein bei Bayer etwa 600 akademisch ausgebildete Chemiker beschäftigt. Die Mitarbeiterzahl der weltweit agierenden Firma war zu diesem Zeitpunkt seit 1881 von 300 auf über 10.000 gestiegen.