Der Allgemeine Deutsche Arbeiterverein (ADAV) entstand am 23. Mai 1863 in Leipzig als erste gesamtdeutsch orientierte Arbeiterpartei. Ausschlaggebend für die Gründung waren die miserablen Existenzbedingungen der Arbeiter sowie ihre wirtschaftliche und politische Perspektivlosigkeit. Die ersten lokalen Sektionen des ADAV befanden sich neben Leipzig in Hamburg, Düsseldorf, Solingen, Köln, Barmen und Elberfeld. Regionale Zusammenschlüsse strebte die Organisation aus vereinsrechtlichen Gründen nicht an. Zum Präsidenten wurde der bei vielen Arbeitern beliebte und wegen seines Redetalents geschätzte Ferdinand Lassalle gewählt. Weitere bedeutende Mitglieder im ADAV waren Johann Baptist von Schweitzer (1833- 1875) und Wilhelm Hasenclever (1837-1889). Als Parteizeitung wurde "Der Socialdemokrat" herausgegeben, nach der Reichsgründung 1871 in "Neuer Social-Demokrat" umbenannt.
Neben Lassalle saßen 16 Arbeiterfunktionäre im Vorstand des ADAV. Die Mitgliederstruktur unterschied sich in den einzelnen Städten: So gab es im rheinisch-westfälischen Raum viele Beschäftigte aus noch stark handwerklich geprägten Betrieben. In Solingen gehörten hauptsächlich die Messerproduzenten dazu, in Iserlohn waren es vor allem Arbeiter des Metallwarengewerbes. In Ostwestfalen und in Teilen Sachsens bildeten Zigarrenarbeiter die für die Entstehung der organisierten Arbeiterbewegung wichtigste Gruppe, in Leipzig die Buchdrucker.
Der ADAV entstand in Abgrenzung zu bereits bestehenden Arbeiterorganisationen, den sogenannten Arbeiter-Bildungsvereinen, die auf liberale politische Vorstellungen des Bürgertums ausgerichtet waren. Der ADAV hingegen proklamierte gemäß dem "Arbeiterprogramm" Lassalles - einer ursprünglich 1863 in Berlin gehaltenen Rede, deren Inhalt die Grundlage für das Parteiprogramm bildete - den Aufbau von gemeinsam durch die Arbeiter geführten Betrieben. Zu diesen Genossenschaften gehörte laut Lassalle eine selbstständige Organisierung. Das "Arbeiterprogramm" rief die Arbeiter in Anlehnung an das "Manifest der Kommunistischen Partei" von Karl Marx dazu auf, sich in eigenen Organisationen zusammenzuschließen. Doch im Gegensatz zu marxistischen Idee stand der ADAV nicht in fundamentaler Opposition zur bestehenden staatlichen Ordnung und propagierte ebenso wenig den gewaltsamen Sturz der Machtverhältnisse. Allein aufgrund ihrer zahlenmäßigen Überlegenheit sollten die Arbeiter in freien Wahlen die Mehrheit der Mandate erreichen und so ihre Forderungen umsetzen. Streiks und gewerkschaftliche Organisierung lehnte Lassalle als ungeeignet für den politischen Kampf ab.
Außerdem strebte der ADAV ein vereintes Deutschland unter der Führung Preußens und unter Ausschluss Österreich an, was sich nicht nur in Geheimverhandlungen Lassalles mit dem preußischen Ministerpräsidenten Otto von Bismarck, sondern 1870 auch in der Zustimmung des ADAV zur preußischen Kriegsanleihe ausdrückte. Die auf den existierenden Staat bauende, pro-preußische Position war einer der Kritikpunkte von Karl Marx und Friedrich Engels an Lassalle. Beide forderten statt dessen den offenen, gewerkschaftlich organisierten Kampf zum Sturz der staatlichen Machtverhältnisse. An dieser Position orientierte sich die 1869 in Eisenach gegründete Sozialdemokratische Arbeiterpartei (SDAP).
Nach Lassalles Tod 1864 kam es unter der Führung von Johann Baptist von Schweitzer zum stärkeren Einbezug marxistischer Theorien in die Debatten des ADAV. So beschloss die mittlerweile rund 7.800 Mitglieder zählende Partei 1868 die Gründung eigener Gewerkschaften, die unter der neu gegründeten, parteieigenen Dachorganisation "Allgemeiner Deutscher Arbeiterschaftsverband" entstanden. Angesichts der wachsenden Bedeutung der Streikbewegung bei der Durchsetzung zentraler Forderungen zur Verbesserung sozialer Verhältnisse vermehrten sich die Stimmen nach einer Vereinigung der in ADAV und SDAP gespaltenen Arbeiterbewegung. Innerhalb des ADAV entstanden Konflikte zwischen Vertretern der ursprünglichen Lehre Lassalles und Vereinigungs-Befürwortern. Der interne Streit eskalierte, als 1874 der Lassalle-Flügel die Auflösung der gewerkschaftlichen ADAV-Verbindungen forderte und die Vereinigungs-Befürworter demgegenüber konkrete Anträge zur Überwindung der Spaltung stellten.
Trotz mehrfacher Entscheidungen des Vorstands gegen eine Vereinigung beider Parteien kam es zur verstärkten inhaltlichen und persönlichen Annäherung vieler Mitglieder beider Arbeiterparteien. Dies drückte sich beispielsweise in gemeinsamen parlamentarischen Absprachen aus. Daneben sorgte auch die dem "Sozialistengesetz" von 1878 vorausgehende Zunahme der staatlichen Repression für mehr Kooperation. Davon betroffen waren ADAV und SDAP in gleichem Maße, was 1875 schließlich zu konkreten Verhandlungen über eine Vereinigung führte. Vom 22. bis 27. Mai fand in Gotha der Vereinigungsparteitag zur Sozialistischen Arbeiterpartei (SAP) statt, dessen "Gothaer Programm" als Kompromiss beider politischer Linien die neue inhaltliche Grundlage bildete. Am 28. Mai 1875 verkündete Wilhelm Hasenclever, letzter Präsident des ADAV und seitdem auch Vorstandsmitglied der SAP, die offizielle Auflösung des ADAV. Das "Gothaer Programm" forderte zwar die sozialistische Gesellschaft, wurde jedoch von Marx heftig kritisiert, weil es nach dessen Ansicht zu viel Inhalte des ADAV aufwies. Mit der SAP, die 1878 durch das "Sozialistengesetz" verboten wurde, entstand eine Vorläuferorganisation der 1890 gegründeten Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD).