> Weimarer Republik > Innenpolitik

Hirsch-Dunckersche Gewerkvereine

Mit dem sozialdemokratisch orientierten Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbund (ADGB) konkurrierten nicht nur die im Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) organisierten Christlichen Gewerkschaften, sondern auch die Gewerkvereine. Weltanschauliche Grundlage der 1869 von Max Hirsch (1832-1905) und Franz Duncker (1822-1888) auf einer Arbeiterversammlung in Berlin gegründeten Hirsch-Dunckerschen Gewerkvereine war der sozialliberale Gedanke. Ziel der Gewerkvereine war eine Sozialreform durch Interessenausgleich und Kooperation zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern. Obwohl sie sich programmatisch zu parteipolitischer Unabhängigkeit bekannten, standen sie der linksliberalen DDP nahe. Gleichzeitiger Vorsitzender der DDP und der Gewerkvereine war Anton Erkelenz (1878-1945).

Mit der politischen Festlegung war eine entschiedene Bejahung der Weimarer Republik verbunden. Die mit 225.000 Mitgliedern kleinste deutsche Gewerkschaft der zwanziger Jahre gewann jedoch eine nur geringe Bedeutung. Im Gegensatz zum ADGB und DGB konnten die Hirsch-Dunckerschen Gewerkvereine auf keine dem Sozialismus oder Christentum vergleichbare identitätsstiftende Idee zurückgreifen. Der Übertritt ihres Vorsitzenden Erkelenz von der DDP zur SPD 1930 spiegelte denn auch symbolisch den Niedergang des deutschen Liberalismus wider. Für die Hirsch-Dunckerschen Gewerkvereine bedeutete der Niedergang politische Heimatlosigkeit und Substanzverlust. Ihr Einfluss innerhalb der Gewerkschaften war bis zur Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 minimal. Im Mai 1933 fielen die Hirsch-Dunckerschen Gewerkvereine der Zerschlagung der Gewerkschaften zum Opfer, ihr Vermögen wurde in die neu gegründete Deutsche Arbeitsfront (DAF) überführt.

Arnulf Scriba
14. September 2014

lo