Deutschland hatte mit der Niederlage im Ersten Weltkrieg seine Großmachtposition eingebüßt. Im Gegensatz zur Habsburg-Monarchie war das Deutsche Reich zwar nicht von einer Auflösung betroffen, es musste aber aufgrund des Versailler Vertrags erhebliche territoriale Verluste und wirtschaftliche Einbußen hinnehmen. Der Wunsch nach Revision des Versailler Vertrags bestimmte die Hauptprobleme und die Ziele der deutschen Außenpolitik während der gesamten Weimarer Republik. Im internationalen Staatensystem war das Deutsche Reich isoliert, dem 1919 gegründeten Völkerbund durfte es vorerst nicht beitreten. Während das Ende der deutschen "Weltgeltung" den im Kaiserreich entstandenen deutsch-britischen Gegensatz weitgehend auflöste, wurde das traditionelle Bild Frankreichs als deutscher "Erbfeind" in die neue Republik transportiert.
Der Versailler Vertrag und seine Auswirkungen
Erster Außenminister in der Weimarer Republik war der parteilose Ulrich Graf von Brockdorff-Rantzau. Er trat im Juni 1919 zusammen mit dem Kabinett von Reichskanzler Philipp Scheidemann zurück, als die Minister über die Frage der Unterzeichnung des Versailler Vertrags keine Einigung erzielen konnten.
Die deutsche Öffentlichkeit reagierte mit Entsetzen auf die Friedensbedingungen des Versailler Vertrags. Schmerzlicher als der Verlust der Flotte und der Kolonien waren für das Deutsche Reich der Verlust von einem Siebtel seines Gebiets mit einem Zehntel seiner Bevölkerung. Der sowohl in der österreichischen als auch in der Weimarer Verfassung vorgesehene Anschluss Deutsch-Österreichs an das Deutsche Reich wurde von den Alliierten verboten. Die Reichswehr durfte die Stärke von 100.000 Berufssoldaten nicht überschreiten. Zudem wurde das Deutsche Reich aufgrund der Kriegsschuldfrage von den Siegermächten dazu verpflichtet, die ihnen zugefügten Schäden durch Zahlung von Reparationen wiedergutzumachen.
Das Deutsche Reich war zu einer Macht zweiten Rangs geworden, die von den Deutschen ausgehende potentielle Kriegsgefahr sollte mit dem Vertrag endgültig beseitigt werden. In den folgenden Jahren bemühte sich die deutsche Außenpolitik um eine Revision der Vertragsbestimmungen. Deutschland verfügte allerdings über keine Machtmittel, eigene Ansprüche durchzusetzen und eine aktive Außenpolitik zu betreiben. Vielmehr reduzierten sich die außenpolitischen Aktivitäten auf Unterhandlungen über die Erfüllung des Friedensvertrags. Beherrschendes Thema waren dabei die Reparationen, deren Höhe in Versailles nicht bestimmt und deren Festlegung auf einen späteren Zeitpunkt vertagt worden waren. Nach einer Reihe internationaler Konferenzen wurde schließlich auf der Londoner Reparationskonferenz 1921 die Höhe der Wiedergutmachung auf 132 Milliarden Goldmark festgelegt.
Die außenpolitische Isolierung Deutschlands
Die Regierung unter Reichskanzler Constantin Fehrenbach lehnte eine Mitverantwortung für die Reparationsverpflichtung ab und trat zurück. Obwohl die Summe von 132 Milliarden Goldmark die Leistungsfähigkeit der deutschen Volkswirtschaft tatsächlich bei weitem überstieg, nahm der Reichstag unter alliierter Drohung eines Einmarschs ins Ruhrgebiet den von den Siegermächten im Londoner Ultimatum übermittelten Zahlungsplan am 11. Mai 1921 mit 220 gegen 172 Stimmen an.
Der Reichstag nahm den Zahlungsplan auch deshalb an, weil er die Unterstützung Großbritanniens während der deutsch-polnischen Kämpfe in Oberschlesien nicht gefährden wollte. In einer vom Versailler Vertrag in Artikel 88 geforderten Volksabstimmung hatte im März 1921 die Mehrheit der Bevölkerung für den Verbleib im Deutschen Reich gestimmt. Trotz militärischer Erfolge deutscher Freikorps endeten die daraufhin aufflammenden Kämpfe mit polnischen Freischärlern für Deutschland mit einer erneuten außenpolitischen Enttäuschung. Nach einer Empfehlung des Völkerbunds beschlossen die Alliierten am 20. Oktober 1921 die Teilung Oberschlesiens, was in Deutschland heftige Verbitterung auslöste.
Unter dem Eindruck der Oberschlesienfrage verstärkte sich in der deutschen Außenpolitik die Motivation zu einer weiteren Annäherung an das bolschewistische Russland, welches ebenso wie das Deutsche Reich international isoliert war. Bereits seit 1920 bestand eine militärische Kooperation zwischen Reichswehr und Roter Armee. Im Mai 1921 schloss sich ein deutsch-russischer Handelsvertrag an. Treibende Kraft einer engeren deutsch-russischen Zusammenarbeit war vor allem der Chef der Heeresleitung, General Hans von Seeckt. Er sah in Rußland den geeigneten Partner einer gegen Polen gerichteten Revisionspolitik. Wie der überwiegende Teil der Deutschen war Seeckt nicht bereit, die Gebietsabtretungen an Polen zu akzeptieren.
Die Besetzung des Ruhrgebietes
Die Reichsregierung und das Auswärtige Amt versuchten durch die Zusammenarbeit mit Sowjetrussland, die außenpolitische Isolierung zu durchbrechen. Der am 16. April 1922 mit Sowjetrussland abgeschlossene Vertrag von Rapallo war die erste Eigeninitiative der deutschen Außenpolitik. Der Vertrag vereinbarte die Wiederaufnahme der im November 1918 aus Protest gegen russische Unterstützung an deutsche Revolutionäre abgebrochenen diplomatischen Beziehungen sowie den gegenseitigen Verzicht auf Kriegsentschädigungen. Ungeachtet aller ideologischen Gegensätze zwischen Deutschland und Sowjetrussland wurden die wirtschaftliche und militärische Zusammenarbeit intensiviert.
Der von Reichskanzler Joseph Wirth und Außenminister Walther Rathenau unterzeichnete Rapallo-Vertrag leitete jedoch kein gegen die Westmächte und Polen gerichtetes deutsch-russisches Bündnis ein, wie es von der Reichswehrführung gehofft und von Frankreich befürchtet wurde. Dennoch verschärfte er die außenpolitische Situation und führte zu einer weiteren Anspannung des deutsch-französischen Verhältnisses. Höhepunkt dieser Entwicklung war im Januar 1923 die Ruhrbesetzung durch französische und belgische Truppen. Die in Deutschland einen Aufschrei nationaler Empörung auslösende Besetzung erfolgte, nachdem das Deutsche Reich Ende 1922 mit Reparationslieferungen in geringfügigen Verzug geraten war. Treibende Kraft hinter dieser territorialen Sanktion war der französische Ministerpräsident Raymond Poincaré. Nach der Unterzeichnung des Rapallo-Vertrags und eines möglichen deutsch-russischen Bündnisses gegen die Westmächte war ihm mehr denn je an einer dauerhaften Schwächung Deutschlands gelegen.
Verständigungspolitik: Der Ausgleich mit dem Westen
Eine neue Phase deutscher Außenpolitik begann mit der Übernahme des Auswärtigen Amts durch Gustav Stresemann im August 1923. In seiner bis zu seinem Tod im Oktober 1929 dauernden Amtszeit gelang es ihm, Deutschland wieder in das internationale Staatensystem zu integrieren.
Für die von ihm angestrebte Revision des Versailler Vertrags und Wiedergewinnung deutscher Großmachtstellung entwickelte Stresemann ein Konzept der Verständigungspolitik mit den alliierten Siegermächten. Die schwache machtpolitische Position Deutschlands erforderte eine Politik der konsequenten Aussöhnung und der wirtschaftlichen Verflechtung mit Ansprüchen einer internationalen Sicherheits- und Friedenspolitik. Bereits die Neuregelung der Reparationsfrage im Dawes-Plan 1924 war der erste Schritt auf dem Weg zu einer internationalen Kooperation. Der Abschluss der Locarno-Verträge im darauffolgenden Jahr bedeutete einen Meilenstein für ein westeuropäisches Friedens- und Sicherheitssystem sowie für die deutsch-französische Entspannungspolitik. Stresemanns Politik der Verständigung und Versöhnung wurde 1926 mit dem Friedensnobelpreis gewürdigt, den er zusammen mit seinem französischen Amtskollegen Aristide Briand erhielt.
Deutschland durchbrach mit den Verträgen von Locarno und Berlin endgültig seine außenpolitische Isolierung und trat wieder in den Kreis der führenden europäischen Mächte ein. Mit der Aufnahme in den Völkerbund mit ständigem Ratssitz im September 1926 nahmen internationales Ansehen und außenpolitisches Selbstbewußtsein des Deutschen Reichs weiter zu.
Young-Plan und Räumung des Rheinlandes
Bei den Westmächten stieß der deutsche Wunsch nach Souveränität und Gleichberechtigung zunehmend auf Verständnis. Die Aufhebung der alliierten Militärkontrolle in Deutschland erfolgte am 31. Januar 1927. Zwei Jahre später erfolgte der Abschluss des Young-Plans. Stresemann setzte trotz innenpolitischer Widerstände den Young-Plan durch, der eine endgültige Regelung des Reparationsproblems einleiten sollte und Voraussetzung der alliierten Rheinlandräumung 1930 war.
Während sich das Verhältnis Deutschlands zu seinen westlichen Nachbarn zunehmend entspannte, konnten die deutsch-polnischen Spannungen nicht abgebaut werden. Zwischen beiden Ländern gab es erhebliche Differenzen hinsichtlich der rechtlichen Stellung der deutschen Minderheit in Polen. Vor allem nach dem Staatsstreich von Józef Pilsudski 1926 und seinem Versuch, Polen langfristig als militärische und wirtschaftliche Großmacht in Europa zu etablieren, verschlechterte sich das deutsch-polnische Verhältnis erheblich. Zudem weigerte sich auch Stresemann beharrlich, die deutsche Ostgrenze anzuerkennen.
Das Ende der "Ära Stresemann" 1929 bedeutete einen tiefen Einschnitt in der deutschen Außenpolitik. Die Weltwirtschaftskrise verdeutlichte, wie sehr die Entspannungspolitik von der Persönlichkeit Stresemanns abhängig war und dass der Wille zur Versöhnung über keine breite Basis in Deutschland verfügte. Politischer und wirtschaftlicher Nationalismus traten an die Stelle internationaler Verständigung. Reichskanzler Heinrich Brüning, der mit Beginn seines zweiten Präsidialkabinetts im Oktober 1931 auch das Amt des Außenministers übernahm, strebte mit Hilfe eines aggressiven außenpolitischen Stils an, endgültig die "Fesseln von Versailles" zu sprengen. Zwangsläufig musste dies zu Konfrontationen mit den Alliierten führen. Im Oktober 1931 annullierte der internationale Haager Gerichtshof die deutsch-österreichische Zollunion. Sie wurde als Schritt zum Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich und als Bruch des Versailler Vertrags bewertet.
Mit seiner strikten Deflationspolitik versuchte Brüning den Beweis zu erbringen, dass trotz größter deutscher Anstrengungen der Reparationsverpflichtung nicht nachzukommen wäre. Bewusst nahm der Reichskanzler dabei eine Verschärfung der Wirtschaftskrise in Kauf. Aufgrund der wirtschaftlichen Entwicklung wurde tatsächlich in der Konferenz von Lausanne im Sommer 1932 die Beendigung der Reparationszahlungen erreicht.
Der innen- und außenpolitische Erfolg, der mit der Streichung der Reparationen verbunden war, wurde allerdings schon dem neuen Reichskanzler Franz von Papen gutgeschrieben. Im Mittelpunkt seiner Außenpolitik - wie auch der seines Nachfolgers Kurt von Schleicher - stand nun die Aufhebung der deutschen Rüstungsbeschränkungen. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten im Januar 1933 verschärfte Adolf Hitler den Konfrontationskurs in der nationalsozialistischen Außenpolitik, um die endgültige Revision der Versailler Vertragsbestimmungen zu erreichen und eine verstärkte Aufrüstung einleiten zu können.