Der Reichsadler als Symbol der Einheit des Reiches war nicht ernstlich umstritten. Reichsinnenminister Eduard David (1863-1930) erachtete es als selbstverständlich, dass der schwarze Adler, der schon Jahrhunderte hindurch das Wappenzeichen Deutschlands dargestellt hatte, auch unter den veränderten politischen Verhältnissen das Wahrzeichen der Weimarer Republik sein sollte. Allerdings müssten, um jeglichen Eindruck einer möglichen Vormachtstellung Preußens zu vermeiden, die monarchistischen Attribute - Krone, Brustschild und Ordenskette entfernt werden. Ein Vorschlag im Parlament, künftig statt des Adlers nur noch die Initialen "DR" im Wappen zu führen, setzte sich nicht durch. In einer Kabinettssitzung vom 1. September 1919 wurde festgelegt, weiterhin den Adler im Wappen zu führen. Reichspräsident Friedrich Ebert legte in einer Bekanntmachung die Bedingungen für die Neugestaltung des Adlers fest: "Aufgrund des Beschlusses der Reichsregierung gebe ich hiermit bekannt, dass das Reichswappen auf goldenem Grunde den einköpfigen schwarzen Adler zeigt, den Kopf nach rechts gewendet, die Flügel offen, aber mit geschlossenem Gefieder, Schnabel, Zunge und Fänge von roter Farbe."
Die Maßgaben für die Gestaltung waren bewusst weit gefasst. Nicht nur ein einziger, für alle Ämter der Reichsverwaltung gleichermaßen anwendbarer Adler sollte geschaffen werden, sondern mehrere, die die unterschiedlichen Verwendungszwecke und Materialien, wie Briefmarken, Münzen und Stempel, berücksichtigten.
"Der neue Geist heischt neue Form", schrieb Reichsaußenminister Hermann Müller im Zusammenhang mit der Gestaltung des Adlers, das heißt, der neue republikanische Geist sollte sich auch in einem geänderten Kunstverständnis niederschlagen und der Adler als Wahrzeichen des Reiches sollte diesen Geist widerspiegeln.
1920 war das Amt des Reichskunstwartes eingerichtet worden. Der Reichskunstwart, vor allem verantwortlich für das äußere Erscheinungsbild und die Symbole der Republik, sollte an der Entwicklung und Durchsetzung des neuen Kunstverständnisses mitwirken und in diesem Fall vermitteln zwischen der subjektiven Gestaltung des Künstlers und den Anforderungen des Staates. Erster und einziger Amtsinhaber war der Kunsthistoriker Edwin Redslob. Neben anderen namhaften Künstlern beauftragte er den Maler und Bildhauer Karl Schmidt-Rottluff, als Mitbegründer der Künstlervereinigung Die Brücke einer der wichtigsten Vertreter des Expressionismus, einen Entwurf für das Reichswappen anzufertigen. Schmidt-Rottluff, wie auch andere Expressionisten, war stilistisch durch Formen der "Primitivkunst" geprägt. Dieser Rückgriff auf eine den meisten Zeitgenossen letztlich noch weitgehend unbekannte Formensprache wird in den grobflächig geschnittenen Entwürfen sichtbar und trug sicherlich dazu bei, dass Schmidt-Rottluffs Adler als unpassend empfunden wurde. Als "erschrockenen Papagei" titulierte ihn die "Vossische Zeitung" am 11. Juni 1920.
Die Kabinettsmitglieder fühlten sich beim Anblick dieses Adlers möglicherweise an ein Totemtier erinnert und empfanden ihn geradezu als Verballhornung ihres Reichsadlers, wenig geeignet, die angestrebte Einheit und Stärke des Reiches zu symbolisieren und als repräsentatives Tier auf Münzen, Amtsstempeln oder an Konsulaten zu dienen. Reichsschatzminister Hans von Raumer (1870-1965) schrieb, er könne sich keinesfalls für diesen Entwurf erwärmen, "da dieser der Würde des Deutschen Reiches und den Forderungen an Schönheit und künstlerischem Empfinden, die in diesem Zeichen ihren Ausdruck finden sollen, widerspricht. Er wirkt wie eine Karikatur." "Absichtsvolle Primitivität, die die Ideenarmut verhüllen solle", warf der bekannte Kunstschriftsteller und -kritiker Karl Scheffler (1869-1954) ihm vor und bemängelte gleichzeitig das forcierte Bemühen des Staates, eine neue Kultur gleichsam aus dem Boden stampfen zu wollen. Lediglich Redslob, mit Schmidt-Rottluff befreundet, war von dem Entwurf angetan: "Er ist von eindringlicher Geschlossenheit, zeigt nicht die abgemagerte Körperform des alten Adlers und hat vor allen Dingen den Vorzug innerer Belebtheit, der durch die energische Haltung zustande kommt und durch die seitliche Haltung des Kopfes im Gesamtausdruck eine bestimmte Umrisslinie ergibt, die dem ganzen Kraft und Haltung verleiht."
Es dauerte mehrere Jahre, bis eine Lösung für den Reichsadler gefunden und akzeptiert wurde. Der Holzschnitt Schmidt-Rottluffs wurde bei der endgültigen Auswahl nicht berücksichtigt und ist nicht offiziell verwendet worden.
Die immer wieder aufgegriffene Debatte über die endgültige Form des Adlers für das Reichswappen und die Ablehnung, auf die der Schmidt-Rottluff-Entwurf stieß, offenbaren die Unsicherheiten im Selbstverständnis der jungen Republik, ihr von Anfang an angeschlagenes Selbstbewusstsein und auch die Stärke restaurativer Kräfte.
Das Bemühen, nach dem verlorenen Krieg mit dem von Deutschland als Schmach empfundenen Versailler Frieden den Werteverlust, das Gefühl der Minderwertigkeit auch durch die Suche nach neuen stilistischen und künstlerischen Ausdrucksformen zu kompensieren und eine gewisse Souveränität zu erlangen, belegt eine Äußerung des Reichsaußenministers Müller zu dem Adler von Schmidt-Rottluff. "Die öffentliche Meinung im Ausland würde sich schwerlich die gute Gelegenheit entgehen lassen, die Formgebung des neuen Wappens, insbesondere die etwas aufdringliche Wohlbeleibtheit des Wappentieres, mit der die Anspruchslosigkeit der künstlerischen Durchbildung konkurriert, zu ausgiebigen Erörterungen über den neuen Geist des neuen Deutschland zu benutzen."