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Der "deutsche Oktober" 1923

Die Ruhrbesetzung, separatistische Unruhen im Rheinland sowie die Auflehnung in Bayern gegen das Reich ließen die Weimarer Republik im Herbst 1923 in politischem Chaos versinken. Auf Anordnung von Reichspräsident Friedrich Ebert wurde der Ausnahmezustand über das Deutsche Reich verhängt. Die vollziehende Gewalt lag bei Reichswehrminister Otto Geßler. Die KPD versuchte daraufhin auf Drängen Moskaus, die Staatskrise zu einem bewaffneten Umsturz auszunutzen. Als die KPD unter der Losung einer linken "Einheitsfront" im Oktober 1923 mit der SPD in Thüringen und Sachsen Regierungsbündnisse einging, schien sie eine günstige Ausgangsbasis für eine Erhebung erhalten zu haben.

Nach Vorbild der russischen Oktoberrevolution von 1917 wollten die Kommunisten in einem "deutschen Oktober" die Macht in Deutschland an sich reißen und damit das Signal zur Revolution in Mitteleuropa geben. Zur Durchführung der Erhebung begannen KPD und linke Sozialdemokraten in Sachsen und Thüringen mit der Aufstellung von paramilitärischen Kampfverbänden revolutionär gesinnter Arbeiter, den sogenannten Proletarischen Hundertschaften. Als die sächsische Regierung Anordnungen aus Berlin ignorierte, die bewaffneten Einheiten aufzulösen und die kommunistischen Minister zu entlassen, verhängte die Reichsregierung die Reichsexekution über das Land.

Am 23. Oktober 1923 marschierten Truppen der Reichswehr in Sachsen ein. Sechs Tage später wurde die Landesregierung unter dem sozialdemokratischen Ministerpräsidenten Erich Zeigner (1886-1949) auf Grundlage von Notverordnungen durch Reichspräsident Ebert ihres Amts enthoben. Das thüringische Kabinett löste sich angesichts dieser Entwicklung freiwillig auf. Die KPD-Führung hatte zu diesem Zeitpunkt in Einschätzung der aussichtslosen Situation und der geringen Kampfbereitschaft der Arbeiter die Vorbereitungen für eine Revolution abgebrochen. Nur in Hamburg kam es zwischen dem 23. und 25. Oktober zu einem isolierten und aussichtslosen Aufstand einiger hundert Radikaler, in dem ungefähr 100 Menschen den Tod fanden.

Arnulf Scriba
3. November 2023

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