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Kriegsschuldfrage

Während des Ersten Weltkriegs nutzten die Entente-Staaten die Behauptung einer ausschließlichen Schuld Deutschlands am Kriegsbeginn zur Mobilisierung ihrer Bevölkerung gegen das Deutsche Reich. Nach dem Krieg wurde im Artikel 231 des Versailler Vertrags die Verantwortlichkeit Deutschlands und seiner Verbündeten für den Krieg und die Schäden festgeschrieben. Dies diente den Alliierten auch als juristische Begründung für ihre Forderung nach Reparationen. Um die Vorwürfe zu widerlegen, stellte das vom Auswärtigen Amt eingerichtete Kriegsschuldreferat zwar entsprechende Dokumentationen zusammen, doch die Argumente der deutschen Delegation fanden auf der Pariser Friedenskonferenz kein Gehör.

In Deutschland stieß die Kriegsschuldthese auf ebenso vehemente Ablehnung wie die Forderung der Alliierten nach Auslieferung der deutschen "Hauptkriegsverbrecher". Diese beiden "Ehrenpunkte" des Versailler Vertrags machten in der unmittelbaren Nachkriegszeit jede sachorientierte Diskussion zwischen den ehemaligen Kriegsgegnern unmöglich. Zwar verzichteten die Alliierten nach 1922 auf die Auslieferung der sogenannten Hauptkriegsverbrecher, doch der "Kriegsschuldparagraph" belastete über Jahre die zwischenstaatlichen Beziehungen und verstärkte die Ressentiments der deutschen Bevölkerung gegen die westeuropäischen Nationen. Während von deutscher Seite immer wieder die Streichung des "Kriegsschuldparagraphen" gefordert wurde, rückte Frankreich ebenso beharrlich den Schuldvorwurf in den Vordergrund, um die buchstabengetreue Umsetzung des Versailler Vertrags zu erzwingen. Demgegenüber war Großbritannien um eine Normalisierung der Kontakte zu Deutschland bemüht und zeigte kein Interesse an einer weiteren öffentlichen Auseinandersetzung um die Kriegsschuldfrage.

Gerhard Altmann
14. September 2014

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